Full text: Jahresbericht 2023 (2023)

FERDINAND HODLER 
BAUM AM BRIENZERSEE VOM BÖDELI AUS, 
UM 1906 
Das Landschaftswerk von Ferdinand Hodler (1853 in Bern – 
1918 in Genf) umfasst über siebenhundert Gemälde, darunter 
zahlreiche Darstellungen von Wäldern, Seen und Berggipfeln. 
Häufig gibt es mehrere Fassungen vom gleichen Sujet, etwa vom 
Thunersee mit Stockhornkette. Die Darstellung von einzelnen 
Bäumen gehört ebenfalls zu Hodlers Repertoire. Der Maler be- 
zeichnete seine Baumbilder gern als «Bildnis»,1 also als indivi- 
dualisierte Darstellungen. Mit einem Bild dieses Typus’ haben 
wir es auch bei «Baum am Brienzersee vom Bödeli aus» zu tun. 
Dieses Sujet blieb allerdings einzigartig im umfangreichen Œuvre 
des Künstlers. Auf einer saftigen Wiese am Ufer des Brienzer- 
sees steht ein Laubbaum mit prächtiger Baumkrone. Das Busch- 
werk im Vordergrund verdeckt dessen Stamm nahezu ganz. 
Am anderen Ufer ist links im Bild die Kirche von Ringgenberg 
zu sehen und die Bergkette Richtung Niederried bei Interlaken. 
Hodlers Standort befand sich am sogenannten Bödeli, der 
Schwemmebene zwischen Thuner- und Brienzersee, und zwar in 
Bönigen, am südlichen Ende des Brienzersees. 
Hodler hat das Gemälde so angelegt, dass die Mitte des 
Baumes mit kugelrunder Krone fast mit der Bildmitte überein- 
stimmt. Die Komposition wirkt dadurch symmetrisch, ohne mo- 
noton zu sein. Dynamisiert wird die Bildanlage mit der abschüs- 
sigen Bergkette nach rechts und die ungleichmässig verteilten 
Büsche im Vordergrund sowie mit den Wolken am Himmel. Hodler 
wird damit seinem Prinzip des Parallelismus gerecht, mit dem 
er versuchte, anhand von wiederholten Formen und Farben und 
einer symmetrischen Anordnung Ordnung und Einheit in die 
chaotische und zufällige Natur zu bringen. Als des Künstlers Auf- 
gabe verstand er, das «ewige Element der Natur auszudrücken».2 
Während auf früheren Baumbildern weit mehr von der umliegen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.