55 AKTIVITÄTEN
MARCEL BROODTHAERS – MUSEUM
«Welches ist überhaupt die Rolle dessen, was das künst-
lerische Leben in einer Gesellschaft repräsentiert – näm-
lich eines Museums?» Diese Frage Marcel Broodthaers’
(1924 – 1976) zeigt, was den belgischen Künstler an seiner
Auseinandersetzung mit dem Thema Museum interes-
sierte. Doch was genau war seine Vorstellung eines ide-
alen Museums? Was kritisierte er an den Museen seiner
Zeit? Und wie können wir auf der Grundlage seiner Werke
die heutige Museumslandschaft reflektieren? Diesen Fra-
gen ging unsere Ausstellung im Kabinett nach.
Broodthaers arbeitete zunächst als Dichter, Buchhänd-
ler und Museumsführer, bevor er sich im Alter von vierzig
Jahren als Autodidakt der bildenden Kunst zuwandte. Als
er 1976 verstarb, an seinem 52. Geburtstag, hinterliess
er trotz der nur zwölfjährigen Schaffenszeit ein unge-
mein vielfältiges Werk. Am wohl intensivsten beschäftig-
te er sich mit dem Thema Museum, ausgelöst durch die
1968er-Bewegung. Im Nachgang der Proteste in Brüssel
gründete er sein eigenes «Musée d’Art Moderne», das nie
als reale Institution existieren sollte. Im Zentrum seiner
Aktivität stand vielmehr, Fragen zum gegenwärtigen Kul-
turbetrieb aufzuwerfen.
Die Ausstellung legte den Fokus auf Broodthaers’ grafi-
sche Editionen, die die Überlegungen des Künstlers zum
Museum bestens widerspiegeln. Die Werkgruppe zeigt,
dass er den Begriff «grafische Editionen» relativ breit
verstand: Sie umfasst neben Druckgrafik auch Film, Fo-
tografie und installative Komponenten. Die 25 Werke, die
Teil der Grafischen Sammlung des Kunsthauses sind und
mit dieser Ausstellung erstmals in ihrer Gesamtheit prä-
sentiert wurden, wurden ergänzt um ausgewählte Künst-
lerbücher und offene Briefe Broodthaers’. Die Begleit-
publikation, die in der Reihe der «Sammlungshefte»
erschien, entstand in engem Kontakt mit der Familie des
Künstlers.
Simone Gehr, Kuratorin
STELLUNG BEZIEHEN – KÄTHE KOLLWITZ.
MIT INTERVENTIONEN VON MONA HATOUM
«Ich will wirken in dieser Zeit»: Dieser Ausspruch von
Käthe Kollwitz (1867 – 1945) bringt den rastlosen Einsatz
einer engagierten Zeitzeugin auf den Punkt, die mit wa-
chem Auge und kritischem Geist die vielen Umbrüche
in ihrer Epoche – vom Ersten Weltkrieg über den Zu-
sammenbruch der Weimarer Republik bis zum Ausbruch
des Zweiten Weltkrieges – sowohl miterlebte als auch
künstlerisch kommentierte. Auf wenige andere Künstle-
rinnen und Künstler dürfte daher unser Ausstellungstitel
«Stellung beziehen» besser passen als auf Kollwitz, die
in ihren Werken Armut, Krieg und Elend anprangerte,
ohne dabei ihre hohen künstlerischen Ansprüche aus
dem Auge zu verlieren.