73 AKTIVITÄTEN
2023 war erneut ein ereignisreiches Jahr für die Grafische
Sammlung. In allen Gebäuden konnten Werke aus den un-
terschiedlichen Gattungen und Epochen gezeigt werden.
ZEITGENÖSSISCHE KUNST
Eine Entdeckung im Bereich der zeitgenössischen Kunst
waren die Bestände zu Harald Naegeli (*1939), die zum
ersten Mal überhaupt seit dem Ankauf der Werke in den
1990er-Jahren im Chipperfield-Bau gezeigt wurden. Die
Präsentation gab Einblick in die ganze Bandbreite von
Naegelis Schaffen. Während Harald Naegelis Spraybilder
im öffentlichen Raum inzwischen international Anerken-
nung gefunden haben, ist sein zeichnerisches Werk auf
Papier weniger bekannt. Neben der frühen Zeichnung
«Die Wespe» (1968), die das Kunsthaus 1970 angekauft
hatte, war auch eine «Partikelzeichnung» (1991) zu se-
hen, in der der Künstler dem Effekt der beim Sprayen
wolkenartig versprühten Farbpartikel zeichnerisch nach-
spürt. Für Naegeli bilden diese Arbeiten auf Papier den
Kontrapunkt zu den schnellen, aktionistischen Wand-
arbeiten, die innerhalb weniger Sekunden entstehen.
Zeugnis dieser Arbeiten im öffentlichen Raum gaben
Fotos aus dem Archiv der Stadtpolizei, die nur dank dem
Engagement von Ursula Perucchi-Petri, langjähriger
Leiterin der Grafischen Sammlung, sowie dem damali-
gen Oberrichter Hans Peter Weber-Dürler (1945 – 1993),
der auch Mitglied in der Sammlungskommission am
Kunsthaus Zürich war, Eingang in die Grafische Samm-
lung gefunden hatten. Die Schwarz-Weiss-Fotos zeigen
all jene Orte, die der «Sprayer von Zürich» gemäss An-
klage «beschädigt» hatte. Viele dieser Wandzeichnungen
sind inzwischen verschwunden, und die Fotos, welche
ursprünglich zur Unterstützung der Anzeigen gefertigt
wurden, wurden so zu einem einzigartigen Archiv von
Naegelis ephemerer Kunst.
GRAFISCHE SAMMLUNG
Später im Berichtsjahr wurden im Chipperfield-Bau
Werke von Katharina Fritsch (*1956) und dem Schweizer
Künstler Urs Fischer (*1973) gezeigt. Beide Kunstschaf-
fende arbeiten mit Alltagsgegenständen, verfremden
diese aber aufgrund von Grössenverhältnissen oder Ma-
terialität. Von Katharina Fritsch wurden neben der aus
Muschelschalen zusammengesetzten Skulptur «Frau
mit Hund» (2004) grossformatige Siebdrucke gezeigt, die
Postkartenmotive aus Paris überdimensioniert wiederge-
ben. Von Urs Fischer war die 38-teilige Siebdruck-Serie
«Café» (2011 – 2012) zu sehen, in der sich der Künstler
Referenzen aus der Populär- und Filmkultur bedient und
verschiedene Genres und Stile zu einem eigensinnigen
Bilderkosmos vereint.
MEDIENKUNST
Im Bereich der Medienkunst konnten im vergangenen
Jahr ebenfalls verschiedene Werke aus der Sammlung
gezeigt werden. Im Frühjahr war im Kabinett eine im-
mersive Videoinstallation der jungen Schweizer Künst-
lerin Hannah Weinberger (*1988) zu sehen (siehe dazu
auch S. 52). Im Videoraum im Chipperfield-Gebäude
wurden letztes Jahr zudem das Video «Iroojrilik» (2016)
des Schweizer Künstlers Julian Charrière (*1987) so-
wie der 35mm-Film «Presto, Perfect Sound» (2006) von
Manon de Boer (*1966) gezeigt.
Auch bei den Neuerwerbungen spielte die Medienkunst
eine wichtige Rolle. So konnten von Gülsün Karamus-
tafa (*1946) die Arbeit «The City and the Secret Panther
Fashion» (2007) aus der Ausstellung «Re-Orientations»
erworben, sowie von den beiden in Zürich lebenden
Künstlerinnen Shirana Shahbazi (*1974) und Alexandra
Bachzetsis (*1974) je ein Video angekauft werden.
Zudem wurde die Aufarbeitung und Sicherung der
«Digital born»-Werke fortgesetzt. Dieses von Memoriav