Volltext: Félix Vallotton - 1865-1925

Es gibt auch Stimmen, die, ohne Lächeln, verkünden, die Lei- 
stung des Holzschneiders Vallotton sei innerhalb der Entwicklung 
der neueren Kunst und für sich selber viel wichtiger als sein Werk 
als Maler. Nun hat die Schwarzweiß-Kunst von Vallotton gewiß ihre 
große Bedeutung, auch schon in ihrer sofortigen Auswirkung in den 
Tusch - Steinzeichnungen seines Freundes Toulouse-Lautrec und 
eines Pariser Gastes wie Edvard Munch. Und wenn es auch für uns 
nicht mehr leicht ist, mitzufühlen, wie stark die erste Anwendung 
des offenen weißen Papiers und der breit deckenden Schwärze in 
den Umrissen einer kühn abkürzenden Zeichnung auf die Mit- 
lebenden hat wirken müssen; wenn auch heute diese Mittel innerhalb 
der freien und der angewandten Graphik zur Umgangssprache ge- 
worden sind: es bleibt Vallotton das Verdienst der Erfindung. 
Wenn auch sein Schwarzweiß-Werk wie ein einst freistehendes, nun 
eingebautes Haus auf der Höhe, nicht mehr ein Leuchtturm ist: es 
bleibt lebendig für immer. 
Hat aber deswegen seine Malerei eine „Rettung“ nötig? Wir 
dürfen uns an sein Lächeln halten und glauben, daß es um 
diese „peinture mauvaise“ so schlimm nicht steht. Wenn schon 
vor der Zeit, da Vallotton selber mit 1885 die Zählung seiner 
Werke erst beginnt, der Neunzehnjährige eine so meisterliche 
Arbeit wie das Bildnis der Mutter von 1884 aufweist, der alte 
Mormone Ursenbach von 1885 und das Doppelbildnis der Eltern 
von 1886, die in den Ausstellungen sonst wie vom Himmel gefallen 
die Reihe eröffnen, gestützt durch eine Anzahl gleichartiger und 
in ihrer Art gleichwertiger Bildnisse erscheinen, so schenken wir 
ihm zum mindesten das Vertrauen, daß er in einer guten Schule 
mit strebsamem Fleiß den sicheren Boden für das Handwerk des 
Malers sich erworben hat. 
Das Selbstbildnis von 1885 öffnet uns den Blick auch für die 
Unschuld der übrigen Frühwerke mit den hell grauen Tönen und 
der erstaunlichen Gegenständlichkeit, wie etwa des Küchenbildes, 
wo seine Freunde uns darauf hinweisen, daß die kaum sichtbare 
Trübung des Würfelmusters auf der Wandverkleidung über dem 
Herd nicht eine Nachlässigkeit des Malers anzeigt, sondern den 
aus dem Kupferpfännchen aufsteigenden Wasserdampf. Es ist die 
Zeit, da Vallotton mit einem Zeitungsaufsatz zur Malerei von 
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