Meissonnier sich bekennt. Wir sehen auch die menschliche Innig-
keit, im Küchenbild, oder im Krankenzimmer, wo es leicht wäre,
in die auflauschende Kranke und die lichte Pflegerin eine Ver-
kündigung, Jungfrau und Himmelsbote, hineinzusehen.
Später, da der Schweizer mit dem wilden Getriebe der Haupt-
stadt in nähere Berührung kommt, wo Spott und Lächeln oft die
einzigen Waffen sind, wird es ja anders, aber auch da sieht er
über dem Kleinen auch das Große. Neben den rosaroten Weib-
lein und den dicken Kleinbürgern stehen die Bildnisse der beiden
Schauspielerinnen Marthe Mellot und Missia Godebska, und wenn
nicht immer die Menschen, so haben in den Int@rieurs aus den
Jahren um 1900 immer die Räume und Dinge die große Haltung.
Mit den Jahren wird ihm zusehends wertvoller als menschliche
Schwäche die menschliche Würde. Wenn er noch kurz nach 1900
unter dem Titel „Schuld und Sühne“ sich spottend mit dem Klein-
krieg zwischen subalternen Bürgern und subalternen Figuranten der
Staatsgewalt abgibt, so wagt man an diese Blätter nicht mehr zu
denken vor dem Triptychon, das während des Krieges mit dem glei-
chen Namen als Verklärung menschlichen Schicksals entstanden ist.
Auch wenn er sich selber auferlegt, die Schönheit da hervor zu
zwingen, wo sie sonst nicht zu hausen scheint, erreicht er über Strenge
und Kühnheit das Ziel. Die Kartenlegerin und die Frau mit der
Katze gelten manchem als unerfreuliche Bilder nach unerfreulichen
Vorwürten. Vallotton hat aber ihre Elemente so weit vereinfacht
und verstärkt, daß nichts von Dingen, Formen und Farben innerhalb
des Rahmens bleibt, das etwas anderes wiederholen würde, als was
das Bild. aus seinen Tiefen, als Ganzes sagt. Damit setzt er hoch
über Schön oder Nichtschön des Vorwurfs die Reinheit der Form
und des Inhalts und macht so auch den Vorwurf schön.
Hölzern und kalt sei das Bild der tünf Maler. Mit dem Blick für
das Spiel der Hände beleben und erhellen sich auch die Gesichter
und wird die innere »pannung wach zwischen den um den Tisch mit
einander beschäftigten Freunden und ihrem stillen Gegenspieler,
vier gegen einen; es beginnt im Bild wie im Betrachter zu arbeiten,
das Bild wird intensiv, waım und vertraut: das Erlebnis vor allen
Bildern Vallottons, wenn wir zu ihrem Inhalt dringen, der Wahr-
heit ist.
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