Über den Künstler orientieren den Ausstellungsbesucher vorerst
sechs Selbstbildnisse. Das früheste, von 1885, zeigt einen
Knaben fast noch, den Zwanzigjährigen, der 1882 aus der Hut des
Elternhauses in Lausanne nach Paris gekommen ist, still und begabt
sich die Achtung der Lehrer und Mitschüler an der Academie Julian
erworben hat und mit dem Bildnis Ursenbach schon seinen „Salon“
auf der Staffelei bereit hält. Forschend, noch mit dem unbewußten
Schimmer von Schüchternheit und Träumerei, hält er im Spiegelbild
sich selber stand und gibt sich wie im Leben auch im Bild in unge-
schmückter Sachlichkeit. Still und zurückgehalten wie der Mensch
ist auch die Malerei. Taf. 1.
Mit der fast gleichen Neigung von Haupt und Blick, mehr auf
die Welt von außen her herunterschauend als aus ihr heraus, steht er
1903 hinter der Gruppe seiner Malerfreunde an der Wand. Taf. X. In
den bald zwanzig Jahren seit dem Jünglingsbild ist viel geschehen. Die
einfachen Gesichter seiner Eltern und Geschwister sind versunken
vor Bildern aus einer eigenen, von Freundschaft und weiblicher
Hingabe erhellten, bescheidenen Häuslichkeit, dann diese abgelöst
worden durch verschwiegene Zimmer, in denen zwischen Teppichen
und schweren Polstern und Vorhängen Damen und Herren geheim-
nisvoll zu ritterlichen oder tragischen Begegnungen sich treffen.
Unter den Bildnissen erscheinen Gestalten aus einer neuen, nicht so
schlichten Welt wie die seiner Verwandten und Genossen der ersten
Pariser Zeit. Sogar die Schweizer Landschaften werden breit und
weich wie Sammt. Vallotton vermählt sich 1899 mit einer geistreichen
Dame der Gesellschaft, der verwitweten Gabrielle Rodrigues-Hen-
riques, einer Tochter aus dem Hause Bernheim Jeune, und ver-
tauscht im Februar 1900 den schweizerischen Heimatschein mit der
französischen Staatsbürgerschaft.
Entschlossenheit spricht aus der schmächtigen, aber straffen
Gestalt des Selbstbildnisses von 1905, mit leicht bläulich erhelltem
Grau von Kleid und Hintergrund, und rosig durchblutetem Gesicht
mit dünnem Kinn- und Schnurrbart. Die schöne Frau in weißem
Atlas, hochrotem Flor und mit schwarzer Haarkrone ist seine Gattin.
Taf. XI, XI.
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