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MANIFEST 
PROLETKUNST 
Eine Kunst, welche sich auf eine bestimmte Klasse von Men« 
sehen bezieht, gibt es nicht, und wenn sie bestehen würde, 
wäre sie für das Leben gar nicht wichtig. 
Diejenigen, welche proletarische Kunst schaffen wollen, 
fragen wir: »Was ist proletarische Kunst?« Ist das Kunst von 
Proletariern selbst gemacht? oder Kunst, die nur dem Prole* 
tariat dient? oder Kunst, die proletarische (revolutionäre) In* 
stinkte wecken soll? Kunst, durch Proletarier gemacht, gibt 
es nicht, weil der Proletarier, wenn er Kunst schafft, nicht mehr 
Proletarier bleibt, sondern zum Künstler wird. Der Künstler 
ist weder Proletarier, noch Bourgeois, und was er schafft, ge* 
hört weder dem Proletariat noch dem Bürgertum, sondern 
allen. Die Kunst ist eine geistige Funktion des Menschen mit 
dem Zwecke, ihn aus dem Chaos des Lebens (Tragik) zu er* 
lösen. Die Kunst ist frei in der Verwendung ihrer Mittel, aber 
gebunden an ihre eigenen Gesetze, und nur an ihre eigenen 
Gesetze, und sobald das Werk Kunstwerk ist, ist es weit er* 
haben über die Klassenunterschiede von Proletariat und 
Bürgertum. Sollte die Kunst aber ausschließlich dem Prole* 
tariat dienen, abgesehen von der Tatsache, daß das Proletariat 
angesteckt ist von bürgerlichem Geschmack, dann wäre diese 
Kunst beschränkt, und zwar ebenso beschränkt wie die spe* 
ziell bürgerliche Kunst. Eine solche Kunst würde nicht uni* 
versal sein, nicht aus dem Weltnationalitätsgefühl wachsen, 
sondern aus individuellen, sozialen, zeitlich und räumlich be* 
grenzten Ansichten. Soll nun die Kunst tendenziös prole* 
tarische Instinkte wachrufen, so bedient sie sich im Grunde 
derselben Mittel wie kirchliche oder nationalistische Kunst. 
So banal es an sich klingt, ist es im Grunde dasselbe, ob jemand 
ein rotes Heer mit Trotzky an der Spitze oder ein kaiserliches 
Heer mit Napoleon an der Spitze malt. Für den Wert des 
Bildes als Kunstwerk ist es aber gleichgültig, ob proletarische 
Instinkte oder patriotische Gefühle erweckt werden sollen. 
Das eine wie das andere ist, vom Standpunkte der Kunst aus 
betrachtet, Schwindel.
	        
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