Volltext: Ludwig Hilberseimer: Grosstadtbauten (18/19)

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die die für die großstädtischen Anforderungen notwendigen neu 
artigen Konstruktionen ermöglichen, Konstruktionen zur hori 
zontalen oder bogenförmigen Uederdeckung weitgespannter 
Räume und weitvorspringende, freitragende Auskragungen, 
Beton und Eisenbeton sind Baumaterialien, die der Phantasie 
des Architekten relativ keine Grenzen setzen. Wir meinen damit 
nicht ihre Formbarkeit, die Möglichkeit, vermittels des Gießens 
alle Materialhemmungen zu überwinden, im Gegenteil: ihre 
konstruktiven Konsequenzen, die Möglichkeit, ein vollkommen 
homogenes Bauwerk herzustellen, Zusammenfassung tragender 
und getragener Teile, Ermöglichung seiner Massenbegrenzungen, 
Erübrigung jeder Abdeckung und Einfassungsgliederung, Durch 
die konstruktiven Möglichkeiten des Eisen- und Eisenbetonbaues 
ist das alte Stützen und Lastsystem, das nur ein Bauen von unten 
nach oben und hinter die Front zurück ermöglichte, überwunden 
worden. Beide ermöglichen auch ein Bauen nach vorn, ein Aus 
kragen über die Stützen hinaus, ermöglichen eine vollkommene 
Trennung in tragende und getragene Teile, Reduzierung der Trag 
konstruktion auf wenige Punkte, Auflösen des Bauwerks in ein 
tragendes Skelett und in nicht tragende, sondern nur um 
schließende und trennende Wände, Damit ergeben sich nicht nur 
neue technische Probleme und Materialprobleme, sondern vor 
allem auch ein neues, architektonisch-optisches Problem, eine 
völlige Veränderung der scheinbar so festbegründeten statischen 
Erscheinungsform des Bauwerks, 
Der Architekt wird in Zukunft darauf verzichten müssen, Bau 
werke äußerlich zu verschönern oder ihnen eine monumental 
sein sollende Maske aufzuprägen. Er muß den gesamten For 
menballast, mit dem ihn eine gelehrte Erziehung belastet hat, 
vergessen. Vorbildlicher als das Dekorationsschema irgend 
eines Stils ist für ihn die Oekonomie eines D-Zug-Waggons oder 
eines Ozeandampfers, Er muß die Lösung der neuen Aufgaben 
organisch aus Gebrauchszweck, Konstruktion und Material ent 
wickeln, Vor allem wird er das Interesse dem konstruktiven 
Problem zuwenden müssen, denn das Neue kann nur unter Zu 
grundelegung des Konstruktiven und Funktionellen entstehen. 
Die konstruktive Idee muß von architektonischem Geiste durch-
	        
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