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Ernst Balcke. Gedichte. Reuß und Pollak, Verlag,
Berlin. —
Zwei verschlang der See, einen Dichter und einen, der
es hätte werden können.
Georg Heym ist ein Lebender — auch nach dem Tode.
Ernst Balcke war ein Sterbender — auch im Leben. Denn
seine Sinne waren herbstlich schwer, und scheidende Abend
sonne glomm in seinen Liedern. Er war keiner von den
Stürmenden, Führern im Kampfe. Seine Muse hatte die
großen großen sehnenden Augen eines Todbereiten. Er
glitt über die Spiegelfläche und sah stets die schwarzen
Wasser, die in Tiefen brodeln. Das schreckte ihn. Machte
sein Herz weh fand müde. Er ahnte die Welt, er fürchtete
ihren Streitplatz und suchte nach Frieden. Vielleicht, wenn
sich die Nebel des Ungeschauten zerteilt hätten, wäre er
ein leuchtender Recke geworden. Vielleicht! — Vielleicht
hätte das Leben mit tausend und tausend Schlägen zer
mürbt, was es so jäh zerbrach.
Wenig ist uns geblieben: eine Frage, keine Antwort;
eine Verheißung, keine Erfüllung. Otto Laender.
Leonhard Frank. Die Räuberbande, Roman. Georg
Müller, Verlag, München.
In Würzburg haben eine Anzahl vierzehnjähriger Knaben
eine Räuberbande gegründet: die Stadt wollen sie ein
äschern. Ihre Nächte sind voll Träume, abenteuerlicher
Kämpfe, in ihren Augen glänzt der Wille zu unsagbar großen
Taten. Sie geben sich die Namen der Helden Karl Mays.
Gestalten von romantischer Eigenart: der bleiche Kapitän,
die rote Wolke, Falkenauge und der Schreiber, der Zärtling
der Bande. Später zerstampft das Leben ihre Pläne; jeder
lernt etwas. Die Hauptperson des Romanes, Old-Shatter-
hand übt alle möglichen Handwerke aus und wird Künstler.
Ein Fremder hat ihn erweckt hierzu, und als er nun sein
Künstlertum fühlt, da wirft er den alten Old-Shatterhandl
dem Tod in die Fänge, und er lebt in der Gestalt des Frem
den weiter. —
Ein Buch voll tiefsten Verstehens, voll Liebe zu den
Kinderträumen, die im iSommer unseres Lebens sterben,
ein Buch voller einfacher Hingabe. Wer seine Kindheit ge
liebt hat, der lese dieses Werk, die Gabe eines, der lächelnd
und weinend, seine Jugend, die Jugend aller, alles Unfaßbare^
Unmögliche, und doch Herrliche enier geträumten Romantik
besingt. J. - J.