Volltext: Neue Jugend (1-5;7-11/12)

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Der Fichtenwald. 
Fichten schlenderten sicli rastlos empor zu ihren kleinen 
Wipfeln; wie Springbrunnen auf ihrer Höhe verharrend 
trotz des Falles, waren sie Stoß nach oben. Zwischen ihrer 
schweigsamen Erregung ging Valentin gebückt, scheu vor 
ihrer heftigen Tätigkeit. 
Er hatte die große Stadt aus seinem Leben ausgeschnit 
ten; er wollte ihren Umkreis forttun, der, erfüllt von eil 
fertigen Gemeinschaften, den Losgelösten schreckte. Umher 
getrieben zwischen lauten Wagen, schrillenden Bahnhöfen 
und leisen traumbereiten Autos, hatte er es vermißt, be 
stimmt zu sein, wie diese alle waren. Er hatte begonnen, 
sich zu fürchten vor den gewalttätigen Straßen, die den 
Zwecklosen immer fortstießen. 
Darum überlistete der Vertriebene einen Morgen und 
einen Bahnhof, und schlich sich ein in einen Zug, den 
er überwand, daß er ihn mitnahm. 
Endlich wurde der Zug seiner müde, und stellte ihn 
hinaus auf einen verödeten Bahnsteig; kleine Stadt emp 
fing ihn willig. 
Er liebte sie und die krauswolligen Eichengehölze um 
her und die Hügel, hinter denen die Sonne nackt und 
schamlos unterging. Er liebte das Tal, in dem die Mäh 
maschinen wie Elefanten weideten, und den selten schreien 
den Bahndamm und die Telegraphenstangen, die einsam 
wanderten. 
Aber vor dem Fichtenwalde fürchtete sich Valentin. 
Es half nichts, daß er jeden Tag hinaufging um ihm 
gut zuzureden. Felsen am Luganersee — Schrei über uns; 
ein Vogel zieht, und seine Schwingen schwanken vor dem 
Winde! —, und Meere, die in graden Zeilen flachen Strand 
anliefen, und die Ebenen, die sich keinem Winde versperrten, 
hatten so maßloses nicht geweissagt wie diese hageren 
Bäume. 
Zu kleinen Wipfeln warfen Fichten rastlosen Stamm 
hinauf, der rostbraun und verdorrt war von der Eile empor 
zufahren; toten Zweigen gelang es nicht, seine Hast zu 
begleiten; sie blieben verbrannt zurück. 
Da erschrak Valentin und sah sich als einen Schreien 
den, der über den erstorbenen Boden floh; seine Erkennt 
nis tat ihm Gewalt an, daß er wußte: dies war sein Leben, 
— eine Flucht vor der Heftigkeit seiner Wahrnehmung, der
	        
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