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stammung, die seinen stolzen, friedliebenden Bruder veranlaßte, mit den abend
ländischen Völkern zu kämpfen,- vergaß, daß sein starkwilliger Rüben einen ebenso
selbstständigen wie edlen Eigenwillen besäße. Am vierten Tage nadi der Brot
ernte erhielt Jussuf Abigail eine rührende Botschaft seines fürstlichen Bruders aus
dem Kriege. Seine Anschuldigungen vergessend, entsandte der Malik Treiber nach
Cana, die dem Weibe Rubens mit Geschenken beladene Kamele führen mußten
und der Emirin die Kunde brachten, daß der Fürst sich auf dem Wege zur Heimat
befände. Zu gleicher Zeit wurden aus dem arischen Heere Soldaten gewählt und
ausgerüstet zur Reise nach dem ägyptischen Theben, den Malik Abigail Jussuf,
der des Bumerang Werfens gefürchtetster Krieger war, gegen die Indier ins Feld
zu werben.
Die Hirten, die Abigail zu seines Bruders Weibe gesandt hatte, ihr die Freuden^
botschaft zu bringen, daß Rüben auf Cana zuschreite, erzählten bei ihrer Rückkehr
den Leuten Thebens, daß sie abendländische Krieger gesehen hätten an den Gold^
feldern singend vorbeimarschieren auflrsahab zu und daß man ihre Helme sicher
schon von der großen Kuppel des Palastes aus glitzern sehen müsse. Die älteren
Leute gedachten des Kampfes, den sie unter der Anführung des noch damaligen
Prinzen Jussuf gegen eine Arierschar erfahren mußten. Umschlungen auf einem
Weizenfelde sah ein verwundeter Thebetaner die beiden Fürsten der feindlichen
Heere im silbernen Brote stehn und sich inbrünstig küssen. Durch Theben aber
tönte die Siegeskunde, der Prinz habe die Christenhunde in die Flucht geschlagen.
In Wirklichkeit jedoch hatten sich die beiden verliebten Anführer ihrer Heere ge
einigt. — Dem Herzog von Leipzig war schon in den ersten Tagen seiner Vice-
regentschaft dieses Kriegsgeheimnis zu Ohren gekommen,- nicht die ungeheure
Begebenheit erboste ihn, aber die Leichtfertigkeit, mit der dieser arische Giselner,
dessen Herz in Thebens Sonne süß geworden war, seinen schwärmerischen kaiser
lichen Freund verlassen konnte. Der herzogliche Hans Adalbert, der es sich zur
Aufgabe anheischte, alle Erdteile mit einander zu verbrüdern, eine internationale
Welt schon im Interesse der Kunst zu schaffen, bemühte sich in seiner klugen,
liebevollen Weise die beträchtige Anzahl der älteren Menschen von der Vereini-
gung der Jehovaniter für den Malik wieder zu gewinnen. Die waren vermutlich
von den Vätern der Irsahabaner aufgestachelt worden,- es schien dem diploma
tischen Stellvertreter des Throns von Theben gelungen zu sein, einen Aufruhr
von Jussuf Abigail fern zu halten. Der hatte seinen kleinen Bruder Bulus nun
bei sich in seiner Stadt und lehrte ihn jeden einzelnen Menschen seines blauenTheben
zu lieben, die er mal regieren sollte nach seines Malikherzens frommer Fackel.
CFortsetzung folgt)
Else Lasker-Schüler