Morderchei' Theodorio und Calmus Je-
zowa, ein Mann mit gütigen Priesteraugen
und milder Freudigkeit, waren die letzten
der Häuptlinge, die denMalik in der Frühe
verließen. Gad, Asser, Memed und Salo
mein wandelten schon kurz nach Mitter
nacht auf Raten JussufAbigails heim. Asser
trug eine Verwundung durch einen Dorn
der Rose auf der Wange, die den Kaiser im
Anblick der Schönheit Assers störte. Den
herrlichen Jüngling beschenkte der Malik
mit Haarperlen und allergold Damast. Nur
daß Assers Herz am Wesen der Frauen
hing, verargte vielfach die Freude des Kai
sers an seinem Häuptling. Denn Jussuf
Abigail verbarg seine Abneigung gegen
alles Weib, schon als Prinz von Theben,
nie. Und die geraubte Venus von Siam be
trachtete er nur wie ein unvergleichliches
Kunstwerk. »An dem Kultus, den der Ma
lik um seine Mondfrau baut,« so nannten
die Menschen in Theben die siamesische
Venus, »wird sie zu Alabaster werden.« Gad hatte Verständnis für des Kaisers
Abneigung gegen Eva,-trotzdem gerade das Himbeerträumerische in Jussuf, die
Farbe der Prinzessinnenseele, ihn entzückte, und er durchschaute Seinen Kaiser,
wagte die Beeren der Sträucher Seiner Seele zu pflücken. Manchmal begleitete
er Ihn alleine auf den Hügel der Stadt,- dort betete Jussuf Abigail so gern zu Gott.
Die großen Vögel setzten sich dann zu Ihm. Sie verstanden die abgebrochenen,
wilden Laute Seines Flehens. Er selbst ein goldener Geier unter ihnen. Am Abend
aber begleiteten den Kaiser außer Gad noch seine beiden jüngsten Gespielen,
die Häuptlinge Memed und Salomein auf eine Wiese, die hinter dem Garten
des Palastes lag. Memed legte sich immer einen Kranz ins Haar, und Salomein,
Jussufs treuster Häuptling, trug in seinen dunklen Augen dem Malik ewig sein
blaues Herz schwärmerisch entgegen. Seiner Stirne Mitten schmückte ein Stern.
Die vier hohen Menschen spielten sorglos wieder Spiele ihrer Kindheit. Auf Bret
tern, kreuz und quer gelegt, schaukelten sie auf und nieder und übten sich im
Bogen und Pfeil, die sie selbst aus Bambusrohren schnitzten.
Else Lasker-Schüler
(Fortsetzung folgt)
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