Zwei Gedichte
von Friedrich Hollaender.
A d j a.
Ueber alles Denken bist Du
mir gewesen. —
Wie Herbstnacht auf duftnasser
Wiese. Nur ich
kam Dir so fremd.
Weißt Du mich noch? —
Wie Syrinxsang und fernes Getön —
doch lieb, wie unendlich
verschwistert,
flössest Du mir entgegen.
Nur ich — verloren und dunkel —
nahm Dich, emporgeboren
aus Weh und Weh,
ratlos — fremd
in mich auf. —
An Frau J.
Fort — meilenweit weg sein,
einen Schimmer in den Augen —
wie von einem dunklen Kleid
um ein griechisches Weib!
Untergehn — tief entströmen,
ein Sinnchen im Hirn —
fein wie Glasgespinst —
wie von einem Brausen und Gären,
das man bis ins Mark spürt —
(o zartsüßes Klirren einer Silberglocke!)
Dann hoch — empor — aufschauen —
die Augen schließen müssen:
Edelheit — Licht!
Aphorismen.
Man liebt die Natur in der Vorstellung umsomehr,
So mehr man sie durch Kunst verunstaltet sieht.
Des Mannes Ideal ist Streben;
Des Weibes Ideal der Mann.
Etwas genial Geschaffenes befriedigt den
Schöpfer nie, weil es nicht durch Tätigkeit,
die allein zu befriedigen imstande ist, gefunden
wird, sondern blitzartig, unbewußt. H. Paul.