Volltext: Neue Jugend (1-5;7-11/12)

17 
Kritisches Tagebuch. 
1. 
Der Dichter — umgewandten Blicks — erkennt, daß 
ihm von Redaktionswegen zeitweis die Entscheidung über 
bös und gut obliegt. Seine angebrannte Zigarette, die ihn 
in die entlegenste Welt des Wachtraums zu entführen eben 
nn Begriff war, wird von rücksichtslosen Fingern zerstört 
und fortgeschmissen. Die Gedanken werden einzeln zu 
rückgeholt. Denn wo sind sie? Rede, Wachtraum. — Und 
doch, lieber kein Erinnern. Wir sind zwei Welten. 
O — Li —! Man sehnt sich nach den Bergen! Denn 
— weiß der Teufel! — die Sonne kitzelt einen in die Höh. 
Man ist nicht Bürger — man spräche sonst: „Der Mai ...“ 
Aber man ist Dichter. Zum Henker — wahrhaftig. Also 
rurück. 
Wo beginnen?? Sagen wir — 
(Eh man wieder im andern Geleis ist!! O Li —!) 
2. 
Sagen wir —: Deutsches Künstlertheater. Hier trat 
ein kleiner Rheinländer vor die Rampe, fand in irgendeinem 
ermunternden Zuruf ein Recht des Verneigens. (Wie ich 
nun einmal bin, packt mich grause Lust, das Publikum zu 
kritisieren. Aber ich soll ja — 
Man sah nämlich da Leute, also Leute, ... Ich soll ja 
aber — Herrgott! — das Stück . . . 
Gut. Zurück. Nämlich es heißt: „Schneider Wibbel“. 
Historischer Ausschnitt ohne Anspruch, es zu sein. Ein 
Beitrag zum Napoleonismus? Nein. Ein Kulturholzschnitt. 
(Ein Kulturchenholzschnittchen.) Die personae, als da sich 
tummeln: ein Schneider, Gattin, zwei Gehilfen, Freunde 
und dergleichen —, laufen ganz nett und lustig daher, 
reden ganz gut distanziert, sind am Ende ganz amüsant. 
Hier ist wohl auch das Wesen und die bescheidene Absicht 
des jungen Autors Hans Müller-Schlösser: il est amüsant, 
parfaitement. Dabei etwas Sympathisches. Mitten drin im 
schönsten Drauf-los-fabulieren, ganz ohne Wollen und 
Suchen, taucht er ein Sekundchen unter die Oberfläche, 
die Farce wird Satyre (Begräbnis-Bild), es wird was tieferes 
gesagi. Augenblicklang zieht der Verfasser den linken Mund 
winkel hinunter. Drauf beide wieder in die Höh. Die 
Satyre kippt um, wird Behaglichkeit, wie vorher.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.