Volltext: Neue Jugend (1-5;7-11/12)

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runden will, wir hören eine suggestive Stimme voller Glau 
ben, voller Kraft: wir hören ihn; andere sehen wir. 
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Wedekind steht als Karl Hetman im Vorzimmer des 
großen Saales, bei dem er seine Rede, seine selbstmörde 
rische Rede halten will; Fanny stürzt herein; es kann 
beginnen. Da sehen wir, wie er, der Rhythmus des schrägen 
Vorstoßes, seine Arme gegen Launhart steuert; alle seine 
Muskeln beben; wir ahnen eine Anspannung ohnegleichen: 
wir sehen ihn, den Willen und den Glauben, hinausstürzen. 
Der Zirkusdirektor will ihn als Clown engagieren. Het 
man sitzt am Tisch; er hört das Anerbieten; seine Augen 
starren irgendwohin; seine Hände krampfen sich ein Buch, 
zerknittern es, lassen über sein Gesicht gleitend die Flut 
seiner Verzweiflung, seiner Ohnmacht in den Saal 
rauschen. — 
Wir vergessen ihn nicht: Wedekind den Schauspieler. 
Jean-Jacques. 
Frühlingserwachen. 
Gedanken eines Fünfzehnjährigen. 
Ich halte Frühlingserwachen für das weitaus beste Stück 
Wedekinds. Uebrigens will ich durchaus keine Kritik schrei 
ben, sondern nur meine Gedanken und Empfindungen dar 
legen. Ich glaube auch kaum, daß meine Ansichten in 
irgendeiner Weise originell sein werden, aber ich habe sie 
tief empfunden. 
Am meisten hat mich immer die rührend - hilf 
lose und unsichere Person des Moritz Stiefel ge 
fesselt. Hier hat Wedekind in eigentümlich packen 
den und doch in technisch einfachen Zügen die Gestalt eines 
aus dem Kindheitsschlaf erwachenden und nun mit staunen 
den Augen ins Leben blickenden Knaben gezeichnet. Und 
wie wunderbar alle diese kleinen Einzelheiten sich zu einer 
Einheit zusammenfügen, das kann nur der beurteilen, der sich 
selbst einmal zwischen 14 und 15 Jahren beobachtend ans 
Leben geklammert hat. 
Eine Klippe ist dieses Alter für jeden. 
Jedenfalls, dieses Wundern und Nicht-Fassen-Können und 
Suchen und (schließlich Verzweifeln einer unverstandenen 
und ungeleiteten Kindesseele hat Wedekind ergreifend ge
	        
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