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Föhn-Nacht.
Von A. E. Günther.
Fahrt Nebelstreif um Bergkulisse,
stößt Sturm die Schatten der Kypressen;
Mondlicht braust über den See.
Aufschauend in verglasten Turmgelassen
hocken die Magier, kreischen Sprüche, deren
Worte flackernd stehn.
Und die Verzauberten in dem Orangengarten
sind fast verkauft, sich nicht mehr zu gehören,
weil Schreie eines unbekannten, harten
Willens in ihnen Geister aufzustehn beschwören.
Und dann beginnen sie den stillen Tanz der Irren,
um den verwehte Fledermäuse schwirren,
indes im Turm zu solchen Späßen,
die Alten lärmen mit den kupfernen Gefäßen.
Gebet.
Die Erde stieg rastlos aus dem Nebelzug, und mit leisem
laufendem Klingen schwangen schwere Töne laulend näher,
kaum hatte man sie gehört, waren sie schon weiter. Aber
immer neue stürzten heran, sie schwollen an und ab, auf
und nieder durch den Raum. —
Bald war jeder Ton verklungen und es kam einem so
vor, als ob die Natur ihren Rythmus von dem Getön hätte
verschlingen und mitreißen lassen; nichts regte sich und
klatschte man in die Hände, gab es einen hohlen Schall. —
Koloßähnlich starrten die Spitzen der Tannen auf, wie
riesige Tempel von nebelhaften Säulen getragen. Und dort
wo die Eckpfeiler zu stehen schienen, schwamm ein Christus
bild vom Nebel in die Höhe gerissen. —
Leer war das Feld und verlassen die Straße, die sich
durch den Nebel dem Auge grau entzog, als ein Laut
den Bann zerstreute und die Stille durchbrach, denn unter
dem Kreuze klang’s: „Und vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unsern Schuldigem!“ —
Doch auch dieser Ruf verklang und bei jedem Sehnen
nach dem eben verhallten kam ein neuer, um auch gleich
wieder als alt zu verschwingen. Und so ging es fort, bis
die Natur ihren Schlaf gefunden hatte.
W. Hei nie.