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„Alle totschießen!“ was wohl sicher wieder bei vielen die furcht
barsten Erwartungen hervorrief, sich aber lediglich als Quälerei
erwies. Daraufhin wurden unter Knuffen weitere 50 Mann ab
gesondert, unter denen auch ich mich befand mit meinen in
zwischen zu Freunden gewordenen Mitgefangenen, Es hieß:
„ln den Käfigsaal damit I“ Obwohl sich „Käfigsaal“ recht grau
sam anhört, fühlten wir alle Erleichterung bei dem Gedanken:
nun sind wir wenigstens bald in Sicherheit. Da aber sah ich
einen der Soldaten (Feldwebel ?) der während des Marsches
rechts von uns marschierte, mit erhobenen Kolben an mir
vorbeilaufen, und im Augenblick darauf sauste ein furchtbarer
Schlag von rückwärts auf die linke Schulter des obenerwähnten
Herrn S. Wohl hätten wir den Meuchler am Schlage hindern
können, doch wußten wir, daß ein Blutbad unter uns die Folge
davon gewesen wäre. Ein zweiter, ebenso heftiger Schlag auf
den Hinterkopf streckte Herrn S. zu Boden. Gleich darauf raffte
er sich aber auf und wankte die Treppe hinauf (der Überfall
spielte sich gerade vorm Eingang ab). Ein Wärter des Ge
fängnisses hinderte den Soldaten daran, Herrn S. vollends tot
zuschlagen. Wir wurden dann in Käfige gesperrt (40 in einem
Saal), welche 1 Meter breit, 2 Meter lang und hoch waren.
Dabei wurden, bis auf ganz wenige der Verhafteten, unter diesen
auch ich, alle durch Fußtritte, Ohrfeigen und Stöße vom Ge
fängnispersonal roh mißhandelt. Vermutlich aus Ärger über
die Überstunden oder weil man uns für wildeste Verbrecher
(Lichtenberger) hielt, denn später mißhandelte man uns in keiner
Weise mehr. — In den Käfigen befanden sich Pritschen mit
Matratzen. Nach zwei Stunden erschienen zwei Nachtwärter,
welche uns, da sie höflich mit uns sprachen, geradezu wie Engel
vorkamen. Sie reichten uns Nachtgeschirre, und vier von uns,
darunter ich, durften nun auch Decken holen. Allerdings baten
uns die Wärter, beim Gang durch die Flure still zu schweigen und
auf keinerlei Behelligungen der dort .anwesenden Soldaten zu
reagieren, weil sie sonst für unser Leben nicht haften könnten.
Wir befolgten diesen Ratschlag, so daß uns nichts geschah.
Jeder erhielt 2 Decken, später auch Bettwäsche etc. In den
Käfigen blieben wir von Montag, den 10. März, abends 7 Uhr,
bis Mittwoch, den 12. März, etwa 2 Uhr mittags, eingesperrt.
Wir waren zunächst auch sehr zufrieden damit, weil wir uns
so wenigstens einigermaßen sicher fühlten, nur Ängstliche unter
uns fürchteten, man könne uns des Nachts durch das Gitter
hindurch erschießen, was natürlich vollkommen unbegründete,
aber für den auf uns geübten Terror bezeichnende Angst war.
Allmählich wurde der Aufenthalt in den Zellen unerträglich,