In der Heimat, in
der Heimat, da gibt’s ei
Wiederseh’n!
Motto: „Unsere Leute vertrugen sich mit den Reichvvehrangehörigen
mäßig. Die titulierten uns mit „Baltenschweine“, worauf
unsere Feldkrieger prompt mit „Nos k eh und“ reagierten.“
Hauptmann Damm in der „Täglichen Rundschau".
Zu Königsberg, da haust ein Hund,
Den machte Vielfraß dick und rund.
Da kam aus Ost ein fettes Schwein,
Das stiert dem Hund ins Maul hinein
Da bellt der Hund: „Du Baltensau!
Was bleibst Du nicht im Baltengau?“
Da grunzt das Schwein: „Du Noskehund,
Weil ich nicht länger bleiben kunnt.“
Der Tisch fällt um! Bei Blut und Scherben
Muß manche Ordnungsbestie sterben.
Erst Noske schlichtet diesen Streit:
Steht Deutschland bei in schwerer Zeit,
Und hadert nicht um euer künftig Mahl —
Verdopple gerne euch die Leichenzahl!
W. H,
Major Gilsa (tritt ein, Sklarz ihm entgegen):
N’ Abend, Sklarz! Sind die vier bestellten
Gedecke bereit?
Sklarz: Selbstverständlich, wie immer, — wo sind
die Roten?
Gilsa: Warten draußen. Täten am besten, in der
Küche zu essen. Na, was soll man machen? Man
muß ihnen mal freundlich tun, sie gönnen uns
ja auch manches. Wie?
Sklarz: Apropos, gönnen. Ist der Soldatenvater
heut’ gut gelaunt? Ich Hab’ da nämlich ’ne
Partie Militärstiefel . . .
Gilsa: Wird sich schon machen lassen, lieber Sklarz,
wenn’s nur was Gutes zum Trinken gibt.
Sklarz: Das Allerbeste. Gehört ja zu meinen
Geschäftsunkosten. Und da unterm Baum liegen
kleine Aufmerksamkeiten für die drei Herren,
selbstverständlich auch für Sie, Herr Major.
Gilsa: Na ja, selbstverständlich. Wir müssen sie
aber wohl hereinrufen, (öffnet die Tür, pfeift
durch die Finger). Heda, ihr guten Leute!
Drei Lakaien (stürmen herein: Einer mit struppigem
Schnurrbart, Brille und Sporen; der Zweite klein,
dick, lächelnd; der Dritte gewandt, mit weißem
Spitzbart und Klemmer. Sie singen nach der
Melodie: „Wir sind die Dollarprinzessin . . .“):
Wir sind die Führer des Volkes,
Männer von purem Gold;
Reizt uns was, Noske verfolgt es,
Wir haben den Reinhardt im Sold.
Gefällt uns was, Ebert lobt es,
Er ist sehr konziliant;
Scheidemann aber erloobt es,
Trotz der verdorrten Hand.
(Sie tanzen den bekannten Tanz auf dem Pulverfaß).
Erster Lakai: Tag, Sklarz!
Zweiter Lakai: Aha, da wären wir ja.
Dritter Lakai: Guten Abend, meine Herren, am
schönen Weihnachtsfest.
Sklarz: Willkommen, willkommen!
Erster Lakai: Verfluchte Geschichte, da ist man
Herr in Deutschland und muß heimlich als Lakai
verkleidet zu seinen Freunden, weil der verdammte
Harden und die Kerls, die Unabhängigen, einem
die gemütliche Geselligkeit nicht gönnen. Ekel
hafter Dreck!
Zweiter Lakai: Tut nichts, Noske, das Fest wird
nicht minder traulich und der schöne Baum
glitzert nicht minder prächtig . . . Genius loci.
Dritter Lakai (leise zum Zweiten): Du, Ebert, wir
sind doch nicht bei Goethes in Weimar. (Laut):
Ja, wo ist denn mein Freund Parvus ?
Sklarz: Wissen Sie nicht, Herr Scheidemann, daß Par
vus zur Eisernen Division gefahren ist, Weihnachts
kalender gegen die Sachen einzutauschen, die die
braven Krieger im Baltikum requiriert haben?
Scheide mann: Ja, ein findiger Kopf. Solche müßten
wir mehr in Deutschland haben.
Noske: Er gehört nicht zu den Gesellen, die dem
Soldaten die Waffe aus der Hand schlagen. Was
gibt’s Neues, Genosse Gilsa?
Gilsa: Pardon, Exzellenz, ich wüßte nicht . . .
Noske: Ach, verzeihen Sie, lieber Gilsa! Nach
wirkungen meiner sozialistischen Kinderkrankheit.
Wollte die Welt befrein. Ha, ha! — Na, aber
was gibt’s Neues. Ich war heut’ nicht im Büro,
war mit Freund Ebert baden. Wir tun das
immer miteinander . . .
Gilsa: Lieber Noske, ich habe mir Ihre Fragen
schon öfters verbeten. Sie wissen, wenn es etwas
gibt, was Sie angeht, sage ich es Ihnen schon.
Stecken Sie Ihre Nase gefälligst . . .
Ebert: Aber zankt Euch doch nicht beim trauten
Fest! Es ist ja alles so schön. Viel schöner
als damals, als ich in der Sattlerwerkstatt . . .
(Sklarz und Gilsa sehen einander naserümpfend an).
Sklarz: Meine Herren, ich habe mir erlaubt, einige
Kleinigkeiten für die Herren vorzubereiten. Für
Herrn Noske einen goldenen Schlagring, dessen
fünf Zacken die Buchstaben N. O. S. K. E. in echten
Brillianten zieren, für Herrn Ebert ein gesticktes
Sitzkissen und für Herrn Scheidemann den Klavier
auszug der neuesten Operette „Er kann nicht
einigen“.
Noske (den Stempel des Schlagrings untersuchend):
Ich bin ein rauher Landsknecht und die Fein
heiten der höfischen Sprache sind nicht meine
Sache; darum sag’ ich nur: Dank, Sklarz! Gott
strafe Spartakus!
Sklarz: Nicht der Rede wert. (Leise): Übrigens,
ich habe da einen Posten Soldatenstiefel, prima
Qualität ...
Noske: Kommen Sie nur morgen zu mir.
Ebert: Vergelts Gott, lieber Sklarz!
Sklarz: Aber bitte! . . . (Leise): Übrigens wollte
ich Sie bitten, ich muß nach Riga und die Züge
gehn so langsam. Ein Extrazug . . .
Ebert: Lassen Sie mich nur machen . . . Werde
mit meinem Freunde, dem Eisenbahnminister reden.
Scheidemann: Den allerverbindlichsten Dank, sehr
geehrter Herr Sklarz, gestatte ich mir auszusprechen.
Und wenn Sie mal in Kassel was brauchen . . .
Gilsa (räkelt sich): Was gibt’s denn zu essen?
Sklarz: Zu Befehl, werde gleich auftragen lassen.
(Nach dem Essen, bei der Zigarre).
Ebert (singt): „Stille Nacht, heilige Nacht“.
Noske (schlägt den Takt mit dem Schlagring an
einer Sektflasche).
Scheidern ann (stört sie, indem er auf dem Klavier
den neuesten Schlager „ Als ich einst im November
einigen wollte ..." spielt).
Gilsa (setzt ein): „Bei einem Wirte wundermild, da
war ich jüngst zu Gaste. Ein gold’ner Apfel
war sein Schild — — —“
Sklarz (notiert einige Beträge unter Konto „Geschäfts
unkosten“).
Franz Schulz.