Full text: Die Pleite (6)

In der Heimat, in 
der Heimat, da gibt’s ei 
Wiederseh’n! 
Motto: „Unsere Leute vertrugen sich mit den Reichvvehrangehörigen 
mäßig. Die titulierten uns mit „Baltenschweine“, worauf 
unsere Feldkrieger prompt mit „Nos k eh und“ reagierten.“ 
Hauptmann Damm in der „Täglichen Rundschau". 
Zu Königsberg, da haust ein Hund, 
Den machte Vielfraß dick und rund. 
Da kam aus Ost ein fettes Schwein, 
Das stiert dem Hund ins Maul hinein 
Da bellt der Hund: „Du Baltensau! 
Was bleibst Du nicht im Baltengau?“ 
Da grunzt das Schwein: „Du Noskehund, 
Weil ich nicht länger bleiben kunnt.“ 
Der Tisch fällt um! Bei Blut und Scherben 
Muß manche Ordnungsbestie sterben. 
Erst Noske schlichtet diesen Streit: 
Steht Deutschland bei in schwerer Zeit, 
Und hadert nicht um euer künftig Mahl — 
Verdopple gerne euch die Leichenzahl! 
W. H, 
Major Gilsa (tritt ein, Sklarz ihm entgegen): 
N’ Abend, Sklarz! Sind die vier bestellten 
Gedecke bereit? 
Sklarz: Selbstverständlich, wie immer, — wo sind 
die Roten? 
Gilsa: Warten draußen. Täten am besten, in der 
Küche zu essen. Na, was soll man machen? Man 
muß ihnen mal freundlich tun, sie gönnen uns 
ja auch manches. Wie? 
Sklarz: Apropos, gönnen. Ist der Soldatenvater 
heut’ gut gelaunt? Ich Hab’ da nämlich ’ne 
Partie Militärstiefel . . . 
Gilsa: Wird sich schon machen lassen, lieber Sklarz, 
wenn’s nur was Gutes zum Trinken gibt. 
Sklarz: Das Allerbeste. Gehört ja zu meinen 
Geschäftsunkosten. Und da unterm Baum liegen 
kleine Aufmerksamkeiten für die drei Herren, 
selbstverständlich auch für Sie, Herr Major. 
Gilsa: Na ja, selbstverständlich. Wir müssen sie 
aber wohl hereinrufen, (öffnet die Tür, pfeift 
durch die Finger). Heda, ihr guten Leute! 
Drei Lakaien (stürmen herein: Einer mit struppigem 
Schnurrbart, Brille und Sporen; der Zweite klein, 
dick, lächelnd; der Dritte gewandt, mit weißem 
Spitzbart und Klemmer. Sie singen nach der 
Melodie: „Wir sind die Dollarprinzessin . . .“): 
Wir sind die Führer des Volkes, 
Männer von purem Gold; 
Reizt uns was, Noske verfolgt es, 
Wir haben den Reinhardt im Sold. 
Gefällt uns was, Ebert lobt es, 
Er ist sehr konziliant; 
Scheidemann aber erloobt es, 
Trotz der verdorrten Hand. 
(Sie tanzen den bekannten Tanz auf dem Pulverfaß). 
Erster Lakai: Tag, Sklarz! 
Zweiter Lakai: Aha, da wären wir ja. 
Dritter Lakai: Guten Abend, meine Herren, am 
schönen Weihnachtsfest. 
Sklarz: Willkommen, willkommen! 
Erster Lakai: Verfluchte Geschichte, da ist man 
Herr in Deutschland und muß heimlich als Lakai 
verkleidet zu seinen Freunden, weil der verdammte 
Harden und die Kerls, die Unabhängigen, einem 
die gemütliche Geselligkeit nicht gönnen. Ekel 
hafter Dreck! 
Zweiter Lakai: Tut nichts, Noske, das Fest wird 
nicht minder traulich und der schöne Baum 
glitzert nicht minder prächtig . . . Genius loci. 
Dritter Lakai (leise zum Zweiten): Du, Ebert, wir 
sind doch nicht bei Goethes in Weimar. (Laut): 
Ja, wo ist denn mein Freund Parvus ? 
Sklarz: Wissen Sie nicht, Herr Scheidemann, daß Par 
vus zur Eisernen Division gefahren ist, Weihnachts 
kalender gegen die Sachen einzutauschen, die die 
braven Krieger im Baltikum requiriert haben? 
Scheide mann: Ja, ein findiger Kopf. Solche müßten 
wir mehr in Deutschland haben. 
Noske: Er gehört nicht zu den Gesellen, die dem 
Soldaten die Waffe aus der Hand schlagen. Was 
gibt’s Neues, Genosse Gilsa? 
Gilsa: Pardon, Exzellenz, ich wüßte nicht . . . 
Noske: Ach, verzeihen Sie, lieber Gilsa! Nach 
wirkungen meiner sozialistischen Kinderkrankheit. 
Wollte die Welt befrein. Ha, ha! — Na, aber 
was gibt’s Neues. Ich war heut’ nicht im Büro, 
war mit Freund Ebert baden. Wir tun das 
immer miteinander . . . 
Gilsa: Lieber Noske, ich habe mir Ihre Fragen 
schon öfters verbeten. Sie wissen, wenn es etwas 
gibt, was Sie angeht, sage ich es Ihnen schon. 
Stecken Sie Ihre Nase gefälligst . . . 
Ebert: Aber zankt Euch doch nicht beim trauten 
Fest! Es ist ja alles so schön. Viel schöner 
als damals, als ich in der Sattlerwerkstatt . . . 
(Sklarz und Gilsa sehen einander naserümpfend an). 
Sklarz: Meine Herren, ich habe mir erlaubt, einige 
Kleinigkeiten für die Herren vorzubereiten. Für 
Herrn Noske einen goldenen Schlagring, dessen 
fünf Zacken die Buchstaben N. O. S. K. E. in echten 
Brillianten zieren, für Herrn Ebert ein gesticktes 
Sitzkissen und für Herrn Scheidemann den Klavier 
auszug der neuesten Operette „Er kann nicht 
einigen“. 
Noske (den Stempel des Schlagrings untersuchend): 
Ich bin ein rauher Landsknecht und die Fein 
heiten der höfischen Sprache sind nicht meine 
Sache; darum sag’ ich nur: Dank, Sklarz! Gott 
strafe Spartakus! 
Sklarz: Nicht der Rede wert. (Leise): Übrigens, 
ich habe da einen Posten Soldatenstiefel, prima 
Qualität ... 
Noske: Kommen Sie nur morgen zu mir. 
Ebert: Vergelts Gott, lieber Sklarz! 
Sklarz: Aber bitte! . . . (Leise): Übrigens wollte 
ich Sie bitten, ich muß nach Riga und die Züge 
gehn so langsam. Ein Extrazug . . . 
Ebert: Lassen Sie mich nur machen . . . Werde 
mit meinem Freunde, dem Eisenbahnminister reden. 
Scheidemann: Den allerverbindlichsten Dank, sehr 
geehrter Herr Sklarz, gestatte ich mir auszusprechen. 
Und wenn Sie mal in Kassel was brauchen . . . 
Gilsa (räkelt sich): Was gibt’s denn zu essen? 
Sklarz: Zu Befehl, werde gleich auftragen lassen. 
(Nach dem Essen, bei der Zigarre). 
Ebert (singt): „Stille Nacht, heilige Nacht“. 
Noske (schlägt den Takt mit dem Schlagring an 
einer Sektflasche). 
Scheidern ann (stört sie, indem er auf dem Klavier 
den neuesten Schlager „ Als ich einst im November 
einigen wollte ..." spielt). 
Gilsa (setzt ein): „Bei einem Wirte wundermild, da 
war ich jüngst zu Gaste. Ein gold’ner Apfel 
war sein Schild — — —“ 
Sklarz (notiert einige Beträge unter Konto „Geschäfts 
unkosten“). 
Franz Schulz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.