7
leicht die ursprüngliche Form des Kaiserbildnisses am Westturm
des Großmünsters festhält. Heiter und aufgeschlossen, extensiv,
erscheint neben der gotischen Gedrungenheit und Intensität
dieses Zürcher Blattes der dem Elsässer Hans Baidung zunächst
stehende Scheibenriß mit der heiligen Sippe; die Requisiten sind
noch gotisch, der Einienfluß von starrer Sparrigkeit gelöst, Men
schen und Landschaft mit Licht übergossen. Im Christus des
«Baidungkreises» ist schwellender Glanz mit repräsentativer Würde
und leicht theatralischem Pathos, vollgewichtige Renaissance
schönheit, glücklich gewonnen. Die Altdorferschen Hell
dunkelblätter wieder bedeckt eine eigenwillig phantastisch
oberflächliche Kalligraphie. In der allgemeinen künstlerischen
Gesinnung vielleicht mehr als im besondern Formausdruck mit
ihnen verwandt ist das Landsknechtspaar und die Landschaft
von Urs Graf.
Auf breiterem Boden stehen die drei schönen Blätter von
Niki aus Manuel; das eine, in Deckweiß und Gelb auf ziegel
rotem Grund, mit vier sorgsam gestellten, modisch gekleideten
Frauen, die sicher mehr darstellen wollen als sie für uns vor
stellen, Verkörperungen irgendwelcher moralischer Ideen, viel
leicht vier Tugenden oder wissenschaftliche Disziplinen; in der
gleichen Technik dann eine alemannisch-bürgerliche Madonna,
die den über ihren Knien liegenden Jesusknaben liebkost; schließ
lich die «Renaissance»-Szene der mit ihren Kleinen nackt im
Freien sitzenden Frau; wenn irgendwo, so zeigt sich hier die Be
flissenheit zu humanistisch-akademischer Gebärde, doch nur von
ferne grüßt der Zeichner in Bewegung und Temperatur das Ziel
edlen Gleichgewichtes und satter Reife. Ambrosius Holbein
ist in seinen zierlich und wohlgefüllten Medaillen mit Herkules
und Antäus und Pyramus und Thisbe ein besserer Klassizist.
Alemannisch-schweizerisches Wesen lebt in der Kreidezeichnung
des mit dem Basler Hans Franck identifizierten Monogram
misten H. F., dem die Kniefigur der betenden Frau zugeschrieben
wird, und in den drei farbigen Basler Männerbildnissen.
Das schönste, vom Monogrammisten H. C, 1529 datiert, gehört
einem Jüngling; die hellen Augen blicken noch halb kindlich
staunend in die Weite aus einem zart gelblichen Gesicht mit
flaumweicher Haut, zwischen blaßgoldenem Haar, hochrotem