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II.
Frei von jeder Dienstbarkeit vor allem zu schmücken oder
zu erzählen, nur mit der Kunstleistung als Zweck, entstehen die
Blätter von Toulouse-Lautrec, Liebermann, Corinth,
Munch. Sie haben ihren Anlaß im Willen des Künstlers, die
Erfüllung in sich selber, das Maß in dem, was die Technik eben
noch erlaubt. Lithographie, Radierung und Holzschnitt, «ver
vielfältigende» Künste, Reproduktionsverfahren, sind hier in
ganz persönliche Sprache zum Ausdruck persönlich-einmaliger
Dinge gewandelt, und so beredt, wie je in andern Zeiten nur die
freie «Handzeichnung».
Männer, die als Maler ihre Laufbahn begonnen und volle
Meisterschaft als Maler schon errungen haben, wenden sich zu
dieser Art von Zeichnung, wie auf Verabredung, plötzlich und
gleichzeitig, ob gleichen Alters oder nicht. 1892 zeichnet Toulouse
den ersten Stein, nur zwei Jahre darauf erscheinen die Radie
rungen und Lithographien von Munch, und eröffnet Corinth die
Reihe seiner Einzelblätter und Zyklen. Liebermann radiert
regelmäßig seit 1891 und pflegt nach vereinzelten Versuchen
bald mit Eifer auch den Steindruck. Das sind die neuen Peintre-
graveurs; die Meister einer Malerei, die mit dem «formzerstören
den» Impressionismus sich auseinandergesetzt und viel von ihm
in sich aufgenommen hat; Künstler, die von der Stadt, einzig von
der Großstadt, gebildet und vom Glauben an eine internatonale,
übernationale neue Kunst gestärkt wurden; Menschen einer Zeit,
die eben an.sich die Nervosität entdeckt hatte; moderne Meister.
Toulouse ist der letzte Sproß eines südfranzösischen Grafen
geschlechts, Munch Sohn eines norwegischen Arztes, Liebermann
stammt aus einer Altberliner jüdischen Kaufmannsfamilie, der
Vater von Corinth ist Gerbermeister in Ostpreußen. Diese Ver
schiedenheiten sind im Werk eines jeden der vier Künstler durch
zufühlen. Die Bildnisse von Toulouse bleiben unerreicht, groß
artig in ihrer beherrschten Sensibilität und Gespanntheit; voll
bewußter Knappheit, in gewissem Sinn aristokratisch sind auch
die geistreichen Radierungen von Liebermann; Munch und Corinth
erscheinen weniger diszipliniert, aber irgendwie doch wieder kraft
voller und freigebiger.