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Ein Besuch im Cabaret Dada. 
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^ W A Iso, meine Herren, der Spektakel beginnt, ehe Sie sich’s versehen. Wir 
gingen durch einen langen Gang, jeder eine Kerze in der Hand, vorn 
die Damen, hinten die Herren. Der Führer in weißem Pelz mit der 
'S Mitra auf dem Kopf rief manchmal: „Nehmen Sie die Hände hoch und lassen 
£ Sie den Bauch fallen. Greifen Sie nach der Kesselpauke in Ihrem Ohr und 
W ziehen Sie sich den Sarg aus der Nase; denn keiner weiß, wozu es gut ist.“ 
£ Dann stieß er in sein Muschelhorn, daß der Kalk von den Wänden fiel. Wir 
U> *2 aber fühlten uns stets sehr gesichert, wenn seine Stimme ertönte; denn die 
^ Ungewißheit lagerte schwer auf unserer Brust und dem Geheimrat Spätzle, dem 
’S ’S bekannten Mitglied der deutschnationalen Volkspartei, begannen die Knie einzu- 
v 3 sinken, obwohl er sich durch sein moralisches Rückgrat bis zum Letzten auf- 
'£■ & recht zu halten suchte. Wir gingen über zwei Stunden durch diesen Gang, in 
Mund und in 
seinen Ohren 
drehten sich 
die Girandolen 
beim Klang 
einer Militär 
musik . . . Der 
Boden wankte 
und stellte sich 
manchmal so 
schräg, daß 
viele der Gäste 
hinfielen, und 
einige Damen 
fürchteten, 
durch den An 
blick ihrer 
Beine die Auf 
merksamkeit 
liberaler Män 
ner auf sich zu 
lenken. Durch 
die Ritzen des 
Gemäuers kam 
Dampf, und 
heiße Wasser 
strahlen 
schossen aus 
den Ecken. — 
Meine Herr 
schaften, es 
war einfach 
'überwältigend. 
Der Priester hob die Papiermaché-Brust und ließ die Augen, die er an einem 
Bindfaden dirigierte, hin- und herblitzen. Seine Stimme war wie der Donner, 
: der aus den Gießkannen aufsteigt, wenn sie die Abendsonne bescheint. Er hatte 
einen Bart, in dem sich die jungen Mäuse „Gute Nacht“ sagten, und die Schnellzüge 
standen wartend am Abgrund seines Nackens. „Ich bin der Priester“, sagte er, „von 
Anbeginn bis zum Ende. Ich bin die Tulpe aus Valparaiso und das Butterfaß aus 
. J dem Bismarck-Archipel.“ In unserer Gesellschaft mehrten sich die Stimmen derer, 
die den Schwindel durchschauten und nichts sehnlicher wünschten, als zur Ruhe 
0>d) f)atte ur, d zur Ordnung zurückzukehren. „Wir brauchen Arbeit und einen organischen 
bies Aufbau unseres Vaterlandes,“ sagte ein Herr neben mir, der sich später als ein 
sehr radikaler Politiker deflorierte. „Mer wolln unsern Geenig, unsern kuten 
heilte TrepptOeenig wiederhamm,“ meinte eine Dame, die durch den Baß auffiel, mit dem 
fonbern ^' e ihre Meinung vorbrachte. Im allgemeiner, war die Stimmung die, daß man 
für den Abend hätte besser damit verbringen können, ein gutes Buch zu lesen, 
otrte Goethe zu verehren, Bier zu trinken, kurz die deutsche Kultur zu fördern. 
(^^Unterdessen hatte sich der Priester auf setne rechte Seite niedergelassen, zog 
‘einen Hasen aus seinen Zehen und sagte: „Ich bin der junge Mond, der an 
■Öartficlb. ' . . 
o dem es nach 
5 £ Kohl und Ab- 
^ O fall roch . . . 
. kletterten über 
£ Eisenbahn- 
o v schwellen, 
^ £ Holzklötze 
und faulende 
Matratzen und 
fanden uns am 
Ende in einem 
offenbar zu 
kirchlichen 
: Zwecken 
bestimmten 
Raum . . . Dort 
stand der erste 
|, \ \ dadaistische 
Priester, den 
Ich in meinem 
Leben gesehen 
habe, in violet 
ten Unterhosen 
mit einer Katze 
im Arm. Auf 
dem Kopf trug 
er eine große 
Perrücke, aus 
der 2 Pfauen 
federn stachen. 
Beim Sprechen 
fielen ihm die 
Zähne aus dem 
Der Musik=Dada PREISS 
beim Morgentraining. 
6 ZB
	        
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