Volltext: Der blutige Ernst (6)

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Schulze philosophiert. 
W enn man, die Lippen teilend, das Rauchen 
beginnt als dreifaches Bewegungsmoment, 
dem ein viertes akzidentielles Segment zufällt. Der 
Wille zur Macht des Tabaks als navy cut spottet 
in der Kalorie der Verbrennung der geistigen 
Profitrate. Das Rauchen, an sich Ruhe im infantilen 
Verhalten des Lebens, steigert sich bei der Zigarette 
zum Dandyismus einer hemmungslosen Projektion 
des Sündenfalls. Während die Kunst die einzige 
gewachsene Sache des Menschen ist, stellt das 
Rauchen eines shag-calumets die trostvolle Gewiß 
heit von der Einzigartigkeit des Geschehens und 
zugleich die Absolutheit, Indifferenz des Moments 
dar, die unvergängliche Wiederkehr alles Schwe 
benden in der inneren Versenktheit des Auflösens 
in Rauch. Das Rauchen, betrachtet vom abstrakt 
konkreten Sein, enthält die Aufhebung einer sozialen 
Verlorenheit in den Wohlgerüchen des bryarholzes 
und einer vollendeten Form W D & H 0 Wills mild 
capstan tobacco Bristol London, dessen Windungen 
unter dem Aufrollen des Glimmens im Ansaugen 
eines der Pranas oder Tattwas durch den leichten 
Geruch der feinen Maserung und seine Hornmund 
stückdichte umlagert. Das tabu einer totemmedicin 
in der Erlebenssectante des Westeuropäers, beseitigt 
alle Einwände einer primitiven Ausdrucksform wie 
der Wirtschaftspolitik. Geboren aus der Notwendig 
keit, alles Eitle einer unklaren Bildung zu über 
winden, ist die Form hingebend, elegant und kurz. 
Die Freude des Silbers am Beschlagenwerden und 
um den Vierkant des calumethalses aufblätternd 
zur gehaltvollen Hohlheit eines doppelt gegliederten 
Kopfes, dessen Luftachse sich zwischen den Zähnen 
des Rauchenden manifestiert als fünffache Dimension 
der Freiheit des Atmens und von Raum und Zeit. 
Die Kunst der Besitzgier ist der Anteil einer un 
begreiflichen Schöpfung, deren plastische Prismatik 
im Huflattich der Buche eine Beziehungsform der 
Rose mitteilt. Der lebendige Gedanke der Rose in 
Gelb ist das Eigenverkehrsproblem einer wechseln 
den Undulation im Aroma des Duftes der festen 
Spitzigkeit ihrer Dornen. Der Mensch, bedürfend 
eines Katalysators seiner Gehörsdiskrepanzen, ver 
leiht dem Fett die Beweglichkeit des Geruchs in 
der Seife, als Analogie wertet er die spektrale 
Trikolore der zerspringenden Kugel, abgestoßen 
von einem Strohhalm, der des Darüberdenkens 
seiner Entstehung als quantitative Qualität seiner 
Kategorie entfremdet bleibt — die Pneumatiks des 
transzendentimmanenten Seelenautos sind an 
geblasen vom Elan einer komprimierten Wider 
standsfähigkeit, verwandt dem Benzol. Die einzig 
artige Verbundenheit des subjektiven Ods mit dem 
objektiven Oszillieren des Parfüms macht den 
Gebrauch des Eukalyptusinhalators zu einer luna 
rischen Angelegenheit der chaotischen Mundhöhle. 
Was nun die Gesetze des Lautes angeht. 
Hausmann. 
Cafe Schulze. 
E ine Bandschleife rädert ein bärtiges (Eigelb) 
Biergesicht, dessen Auge ein Violinbogen zer- 
geigt. Marmorlisch klirrt im Radius von 75 cm 
durchlöchertes Firmament, worin blondes Bierglas 
segelt. Ein Fenster wirft Weiber auf glühende 
Krawatten der Trotteure. Billardqueue kodiert eine 
Hure. Sie liebkost stechend den weißen Ball. Die 
Drehtür wirft einen Menschen in das Cello. Ange 
strengte Sonne verwässert schmalstengligen Sherry- 
Brandy. Eine Zigarette schlürft Zerrüttung, spiralt 
das Bein einer 15jährigen, Adagio kuppelt. 
Glotzen, ein Brett mit Wisky zerlöchern, ein 
Brett verbuchten. 
Kopf ruht zufrieden in der* Bauchschleife einer 
Matrone. Der Ventilator rollt lächerliche Dessous auf. 
Langgedächerter Himmel klext in syntetischem 
Brillanten, den ein braunes Pferd durchtrabt. 
Lärm kugelt Hutgarnituren. Starkstromkerzen 
leben in einem Reiher. 
Kalligraphisch fernes Tier. 
Husten zerklopft das Andante, das den Durst 
verringert. 
Die geplatzte E-Saite explodiert, ein Mädchen zur 
Toilette. 
Die zerkrümmte bettelnde Hand kehrt das Lokal 
um, die Drehtür zerquetscht den nervenkranken 
Bettler. 
Im Aufschrei vergiftet er den Wisky, Haß pfaucht 
im Cointreau. C. E. 
Alte Burschenherrlichkeit. 
D ieSchneppen aufdemMittagsstrich erhalten 
jetzt wieder eine schmutz’ge Konkurrenz 
von aufgeblasnen Studikergestalten 
Wie einst im Lenz. 
Wie einst im schönsten Lenz der Kaiserära 
kann man jetzt wieder mittags pünktlich sehn 
die künft’gen Richter oder Oberlehrer 
Reklame gehn. 
Reklame für die Ordnung, welche bieder 
Elitejüngelingen gut und gern 
jedweden Tag will zaubern immer wieder 
zum Tag des Herrn, 
des alten Herrn, dem seine Kapitalien 
nun blieben schön bestätigt und vermehrt, 
indem er hier schiebt oder nach Neutralien 
sich sichern fährt. 
Derart gesichert darf jetzt wieder protzen 
auf dem beliebten Mittagskorso breit 
so zwischen Fechten und Frühschoppenkotzen 
die alte Burschenherrlichkeit. 
Der alten Herrlichkeit alter Zinnober: 
Bockkappen und des Bändelwurmes Zier 
schmückt die feuchtfröhlich schmissigen 
Hoch das Panier! [Erobrer — 
Max Herrmann-Neiße
	        
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