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literarischen Gummizelle ausräuchern. Was willst du geistig gegen
jemanden ausrichcen, der die Waffen der Logik, des Geschmacks
und der Wahrheit nicht anerkennt? Ob du tobst, ob du lobst,
ob du fluchst, schimpfst, lachst, Kurtchens Buch an der Wand
zerkrachst . . . der Dada ist dir über mit seinem Wahnsinns
lachen. Nimmst du ihn komisch, sagt er: so will ich genommen
sein. Nimmst du ihn ernst, nickrer tiefsinnig: Ja, abgrundernst
ist es gemeint. Mensch, ärgere dich also nicht! Denn sonst freut
sich Kurtchen. Er merzet weiter.
New York Herald vom 2. 4. 20.
Im Landtag des Staates New York hat ein Abgeordneter die Ab
schaffung der Todesstrafe beantragt. Einige New-Yorker Zeitungen
treten mit einem ungeheuren Aufwand von Pathos für die Vor
lage ein, andere bekämpfen sie als nicht zeitgemäß und weisen
auf die erschreckende Zunahme der Kriminalität im ganzen Lande
hin. Ein besonders unternehmendes Blatt ist schließlich darauf
verfallen, die Meinung der Leute einzuholen, die in erster Linie
an der Frage interessiert sind. Mit Genehmigung der zustän
digen Behörden wurden also die 26 zum Tode verurteilten Mörder,
die zurzeit im staatlichen Zuchthaus Sing Sing der Vollstreckung
der Strafe entgegensehen, ersucht, sich über die Todesstrafe zu
äußern. Überraschenderweise sprachen sich die sämtlichen 26
Mörder für die Abschaffung der Todesstrafe aus, und zwar be
tonten sie, daß es im Interesse der Allgemeinheit liege, die darauf
abzielende Reform des Strafrechts sofort und ohneVerzug durch
zuführen. Aber damit nicht genug, auch die lebenslängliche
Zuchthausstrafe müsse abgeschafft werden; sie sei noch un
menschlicher als die Todesstrafe. Nach ihrer Meinung müßte
die Höchststrafe für einen vorsätzlichen Mord auf 20 jahre Zucht
haus festgesetzt werden, mehr sei der beste Mord nicht wert.
Dieser Mentalitäten-Sammlung
sei noch hinzugefügt, daß über die Stadt Hannover im Juni 1920
ein' Taifun amerikanischer Reklame tobte: Eine Woche lang
knallten von allen Häuser-Wänden, von allen Litfaß-Säulen
die bekannten „heiligen 10 Gebote“ den Beschauern die
Netzhäute wund; den Beschauern, denen diese Thesen einiger
maßen bekannt vorkamen. Und darauf folgte, herrlich gedruckt,
der Anschlag des nun mittlerweile sattsam bekannten Anna-
Blume-Gedichtes. (Darunter stand: Dies ist eine Probe aus