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„Dazu dürfte zu bemerken sein, daß alle, die aus literarischem
Interesse in Verlaines Dichterseele und sein Schaffen einen tieferen
Einblick tun möchten, die französischen Originalausgaben wohl
vorziehen werden. Ein Bedürfnis, jetzt für Literaturfreunde eine
deutsche Ausgabe dieses zynischen Buches herauszugeben,
wird sich schwerlich nachweisen lassen.“
Die Redaktion des Börsenblattes ist eingesetzt vom Börsenverein der
deutschen Buchhändler, dessen Aufgabe satzungsgemäss nur darin
besteht, die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder zu vertreten.
Darüber hinaus ist die Redaktion durchaus nicht verpflichtet, Ur
teile über künstlerische Dinge von sich zu geben,
Zeitschrift für Bücherfreunde: Dies Buch erotischer Ge
dichte ist von dem alternden Verlaine geschrieben; es erschien
auch in Frankreich nur in einem numerierten, heute von den
Bücherfreunden begehrten Privatdruck. Ein erotisch verwildertes
Buch, aber überglänzt von dem Künstlertum des lyrischen Ge
nius; ein Dokument gepeitschter Menschlichkeit, die Verse
eines leidenden Flagellanten, erfüllt von den animalischen Lauten
entfesselter Sinnlichkeit. Curt Moreck hat die Gedichte aus
gezeichnet übertragen, es ist etwas von dem vibrierenden Rhythmus
Verlainiescher Kunst in seinen Nachdichtungen. Er hat den Stücken
des Buches „Femmes“ noch vier aus der gleichen Sphäre hin
zugefügt, die aus dem Manuskript übersetzt sind. Unter ihnen
ist eins „Liebeskämpfe“ das beste des ganzen Zyklus, von auf
bäumendem Schwung und großem Umriß. Das Buch ist auf
Bütten gut gedruckt und geschmackvoll gebunden. Hans Bethge
Vossische Zeitung: Erstmalig liegen nun diese unerhört hin
gerissenen Verse des schon bei ihrer Entstehung Alternden in
deutscher Sprache vor. Sie sind trotz gewisser morbider Züge von
einer fast holländischen Deftigkeit, mitunter etwas knallig, aber
doch in ihrem bacchanalischen Humor farbensatteste Gemälde.
Manfred Georg
Die Neue Rundschau: Wenn es die Definition Gottes ist, keine
Gegensätze zu kennen, so hat dieses Buch ein Gott geschrieben.
Der Zusammenhang alles Seienden ist in 23 Gedichten bis zu
einem Grade sichtbar im Bilde und hörbar im Rhythmus ge
worden, daß man mit dem Buch die Welt in der Hand zu tragen
glaubt. Was ist häßlich, schlecht, niedrig? Alles, solange man
nicht in allem das Gleichnis gefunden hat; nichts, sobald es mit