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Wilhelm Heinse : Ar ding hello, Roman (Verlag Wilhelm Born-
gräber, Berlin). Als Goethe aus Italien nach Weimar zurückkehrte, waren
Schillers „Räuber“ und Heinses „Ardinghello“-; begeistert gelesene Bücher.
Mehr noch als von jenem wandte Goethe sich von diesem ab. Sein von
Grund aus ablehnendes Urteil, das auf die Nachwelt kam, entzog ihr diesen
Roman, da kein Verleger gegen die Autorität, welche die Rezensenten beherrschte
neu zu edieren wagte. Heute, da die Autorität für die, welche ihrer mehr als
ehedem bedürfen, eine überwundene lächerliche Bevormundung geworden
ist, war das Prognostikon der Rezensionen günstig und erfüllte sich, als der
„Ardinghello“ neu erschien. Nur an dem, welcher die Autorität noch
(besser: wieder!) achtet, da er ihrer nicht bedarf, erfüllt es sich nicht. Ihm
ist das Wort eines Grossen wahr für ewig, weil sein Zweifel starb, als er
es als wahr erlebte. Ihm hätte der Umstand, dass Goethe den „Ardinghello“
tadelte, genügt, diesen nicht zu lesen, und so musste ihm die Pflicht der
Feststellung, die zum Lesen zwang, die tiefe Freude dessen bereiten, der
auf seinen Glauben sich verlassen kann. Der „Ardinghello“ ist ein sehr
schlechtes Buch. Eine halb sentimentale Liebesgeschichte, die ohne alles
Menschen-Erlebnis dahererzählt wird, unterbricht eine ebenso unfundierte
Freundschaft und seitenlange Schilderungen von berühmten Renaissance-
Gemälden. Schilderungen! Der Inhalt, oft sogar die Fabel der Bilder wird
peinlich genau erklärt. Farben werden aufgezählt; es wird mitgeteilt, wie es
mit Licht und Schatten gemeint war und wie herrlich naturbelebt eine
Falte sein kann. Es Ist nicht bloss Ahnungslosigkeit, es ist sogar
noch weniger, weil eingestreute kunstaesthetische Dialoge das Wissen um
das enthalten, worum es sich letzthin handelt. Aber dieses Wissen steht
so leer und locker da, dass es nur angelesen oder angehört sein kann und
eine Sprachfremdheit verrät, die nicht noch um jedes Wort einen solch
fatalen Geruch von Hohlheit zu legen brauchte. Die kosmischen Gespräche
am Schluss des Romans führen geradezu eine allerschmerzlichste Assoziation
herauf: Gymnasiasten von jener Gesinnung, die mit dem Briefmarken-
Schacher beginnt, streiten gestikulierend über Gott und die Welt.
Walter Serner.
Peter Altenberg: Fechsung (S. Fischer, Verlag, Berlin).
Alfred Wolfenstein: Die gottlosen Jahre (S.Fischer, Verlag, Berlin)
Theodor Däubler: Wir wollen nicht verweilen (Hellerauer - Verlag,
Dresden-Hellerau).
Theodor Däubler: Der sternhelle Weg, Gedichte (Hellerau-Verlag,
Dresden-Hellerau).
Henri Guilbeaux: Pour Romain Rolland (J. H. Jeheber, Genf.)
Henri Bergson: Schöpferische Entwicklung (Eugen Diederichs Verlag,
Jena'.
Henri Bergson: Das Lachen (Eugen Diedrichs Verlag, Jena).
Inhalt der vorigen Nummer:
Walter Serner: Hilfe; Peter Altenberg: Aus einem Briefe an
das edie Fräulein Hilde Coste; Christian Schad: Köpfe; Max
Herrmann (Neisse): Martyrium; Walter Serner: Angst; Ooll:
Heimat; Gedanken Blaise Pascals; Bücherbesprechungen; mit
einem Selbstbildnis (Originalholzschnitt) von Christian Schad.