Full text: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (4)

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und füllt seine Wohnungen mit Oeldrucken und Tombak-Zierat, 
damit es sich glauben kann, es habe ein höheres Streben. Es 
liest alles Wissenswürdige in der Zeitung und auch die Urteile 
darüber, die seine Gedanken werden, weiss nun, was es zu 
wissen hat, und meint, dass es vollkommen sei. Und selbst 
wenn es Bücher liest, liest es nicht, um zu suchen, sondern um 
zu finden. So spricht es denn oft wie ein Buch und in der Regel 
wie die Zeitung, lebt einen Roman oder ein Schema und lässt 
den Mund sprechen, wovon das Wort nichts weiss, und die 
Hände darnach tun. Und so verfällt es sich selbst. Verwahrlost 
bis ins kleinste Wort, erliegt es seinem letzten und begeht 
dessen Tat. 
Kultur und Krieg: Wort und Tat. Nach diesem Wort erst 
kann diese Tat verschwinden. Erst wenn ihm, dessen Begriff 
niemals war, der gegeben wird, der ganz anders ist, erst wenn 
die Phrase, welche der Schwäche die Möglichkeit gibt, sich selbst 
fortzuläugnen, dem Wort, das noch der Kraft Qual ist, gewichen, 
erst wenn Kultur wirklich Moral geworden ist, wird jene Tat 
nicht mehr geschehen. Sie geschah in Zeiten, da die Schuld der 
Menschheit um vieles kleiner war, da ihr das Wort noch oft 
Erlebnis wurde und Schauder. Wie sollte sie, da ein Blutgericht 
ohnegleichen über einer Schuld wie nie zuvor waltet, einmal 
nicht mehr geschehen? Kann die Läuterung, deren unsäglich 
tiefe Pein nicht zu ermessen ist, um hier Läuterung zu sein, 
erhofft werden? Siebzehn Monate hindurch schon werden Millionen 
Menschen getötet. Aber in den Städten werden Schwänke gespielt. 
Die Zeitungen hetzen. Die Kriegslieferanten werden Millionäre. 
Das Volk weint und entbehrt. Der Wucher steigt. Die Priester 
sind für den Mord und der Papst sagt den Journalisten, er sei 
für den Frieden. Müsste er nicht, das Kreuz in der Faust, hin 
ausschreiten und reden? Müsste das Volk nicht hinter ihm sich 
scharen und ihm zu den Kanonen folgen? Müssten nicht die 
Soldaten hinter dem Volk sich scharen und eine grosse schwarze 
Prozession über die Schlachtfelder wanken? Müsste nicht eine 
unsäglich tiefe Pein aufstöhnen und in die Knie brechen? Aber 
der Papst sagt den Journalisten, er sei für den Frieden. Das 
Volk, welches das Evangelium las, lässt die Priester in den 
Kirchen für den Mord plädieren und in den Städten, die seines 
Jammers voll sind, Schwänke spielen. Und die Soldaten schiessen. 
Sie werden noch Monate, vielleicht Jahre hindurch Menschen 
töten und getötet werden. Wenn sie aber nicht mehr schiessen 
werden, werden sie den Frieden, der dann ausgebrochen sein 
wird, auf dem Gewissen haben, und jenes Blut, das dereinst 
über der unermesslichen Schuld dieses Friedens fliessen wird, 
bis zum jüngsten Gericht. 
Walter Serner
	        
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