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Frauen, welche den führenden Männern der Revolution helfende
Gefährtinnen wurden: Madame Duplay, die Robespierre fast
ohne alles Entgelt in übervoller Fürsorge zwei Jahre bei sich
wohnen liess; Dantons Frau, welche der grausamste der Männer
stets für Tage tatlos in sich zurückgeworfen verliess und die er,
als sie in seiner Abwesenheit gestorben war, als Verwesende
aus dem Sarg riss, um an ihr die grösste Grausamkeit, die seine
letzte hatte sein sollen, zu begehen; Lucile Desmoulins, die ih
rem Gatten in den Tod nachlief; und Madame de Condorget,
welche Wäscherin wurde, damit die Verfolger ihres Mannes
irregeführt würden. Ein wenig abseits von diesen Frauen steht
Charlotte Corday, die, ihr selbst unerwartet, aus der Provinz
nach Paris fuhr, um Marat, von dessen Tod sie das Ende der
Metzeleien erhoffte, zu ermorden. Ein grenzenloses Mitleid, wie
es nur das unberührte Mädchen, dessen Mädchentum überdies
wohl halber Art war, überkommen konnte, hob sie über alle
Hemmungen hinaus und liess sie das Dolchmesser dem baden
den Wehrlosen durch die Schulter ins Herz stossen. In diesem
Augenblick erlebte sie erzitternd das Vorgefühl der ersten Wol
lust. Dennoch antwortete sie vor dem Konvent so fest und ein
fach, wie sie tagsdarauf das Schaffott bestieg. Dass es kein
ernsthaftes Strafmittel gegen Frauen gibt, wird an diesem Grenz
fall völlig klar; aber auch, dass Michelet*), der dies schon aus
sprach, irrte, wenn er die Frauen zwar nicht für strafbar, aber
für sehr verantwortlich hielt. Sein durch Sentimentalität und falsche
Heroik geschwächtes Urteil über die Frauen der Revolution be
ruht auf diesem Irrtum.
Das Ende der grossen französischen Revolution, das noch
jämmerlicher war als ihr Anfang, beweist es nicht weniger klar.
Die Frauen vermochten die Männer, die schliesslich schon für
die Idee der Republik kämpften, als sie längst satt waren, nicht
mehr zu begreifen und führten, indem sie offen und heimlich
hetzten, den Untergang sämtlicher Parteien herbei und damit
den der Revolution. Jener republikanische Offizier, der früher
die Soutane getragen und im Beichtstuhl dem Weibe tiefer in
den Kopf gesehen hatte als so mancher ergraute Ehegatte,
durfte mit Recht sagen: „Die Frauen sind die Ursache unseres
Unglücks. Ohne sie hätte die Republik schon feste Gestalt
und wir sässen ruhig zu Hause." Er übersah allerdings, dass
auch die Republik, wenn sie so erreicht worden wäre, wie sie
geplant war, nicht jenen Zustand geschaffen hätte, dessen Verei
telung zu bedauern wäre; dass einer Revolution, die der Körper
macht, auch der Erfolg entsprechen muss; und dass nur jene,
welche die Tat des Geistes wäre, wahrhaft Erfolg hätte. Aber
*) Jules Michelet: Die Frauen der Revolution, Verlag Albert Langen
München.