Volltext: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (5)

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diese Revolution wäre keine. Denn die Tat des Geistes ist 
niemals die Tat. Sie ist das grosse Unterlassen dessen, der 
auf sich selbst sich besann. Schon der erwachende Geist ist 
der Umwelt, in die hinein er geboren ward, feind. Zutiefst 
bereits dahin eingestellt, sich auf sich selbst zu besinnen, 
stemmt er sich gegen die Dinge, mit denen er nichts anzufangen 
weiss, und gegen die Menschen, die ihn fast unausgesetzt 
irgendwie vergewaltigen wollen. Er verbirgt sich in dem 
leidenschaftlichen Zerstörungsdrang des Kindes, der Gebrauchs 
gegenstände so wenig schont wie Spielsachen, und in dessen so 
oft verblüffend grausamen Roheiten gegen Erwachsene. Völlig 
erwacht, steht er vor der Qual, durch die Erkenntnis von Mensch 
und Ding hindurch zu der seiner selbst zu kommen. Dass jene 
ihm so unerreichbar ist wie diese, lässt ihn in den Vielen, 
deren Schwäche dem stündlichen Zusammenprall nicht standzu 
halten vermag, sich aufgeben und nur in Wenigen zu jener 
Folgerung hinauf, welche tiefste Kraft ist und höchste Gebunden 
heit. Hier hat er sich auf sich selbst besonnen. Ganz in sich 
gekehrt, zieht er vor Mensch und Ding sich zurück und unter 
lässt jede Tat, von der er weithin weiss, dass sie stets nur 
vermehren muss, was böse ist und peinvoll, wenn sie mehr ist 
als freie Hilfereichung oder das Wort. Dort aber begeht der 
Körper, der seinen Geist aufgab, jede Tat. Sie setzt in gottloser 
Ueberhebung Mensch und Ding als erkannt voraus und schafft 
so jenen Zustand, dem Gesetz und Gewohnheit von Stunde zu 
Stunde mehr die grosse Schuld häufen und jede neue Tat, die 
geschieht, um ihn zu klären. Ihn wahrhaft zu klären, bedarf es 
der Tat des Geistes. Seine Ehrfurcht vor dem Unerforschlichen, 
das ihn noch vor einer Blume erbeben lässt, drängt ihn, alles, 
was nicht klar in sich beschlossen ist, zu unterlassen. Seine 
Tat ist dieses Wort. Erstünde es in allen und würde so zur 
Tat: jene Revolution, die allein Erfolg hätte, wäre angebrochen. 
Sie wäre die grösste. Denn sie wäre keine. 
Walter Serner 
Die Tiere 
Allgemeine Tierliebe — — tiefste Menschlichkeit! 
Jede private Liebe zu einem privaten Tiere verblödet jedoch 
das Herz! Es ist eine ununterbrochene Konzentration von Ge 
fühl und Rücksicht auf ein, seien wir ganz ehrlich, ziemlich be 
deutungsloses Objekt! Ja, sich objektiv, künstlerisch erfreuen 
an der „getreuen Wachsamkeit“ eines Hundes; an dem „irrsinni 
gen Schmettern“ eines herzigen Kanarienvogels, der dann mit 
geneigtem Köpfchen uud fragendem „pii — pii“ scheinbar um
	        
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