Full text: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (7)

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Weine nicht, Jungfrau Marie, 
Du kannst die Menschen nicht retten. 
Schaukle dein Kind auf dem Knie, 
Als ob wir noch Fröhlichkeit hätten. 
Doch sind wir uns selbst überlassen 
Und bringen uns bei, den Heiland zu hassen. 
Blass bist du, Jungfrau Marie. 
Noch blässer als an dem Tage, 
Da man den Herrgott bespie, 
Denn nun gilt einzig die Frage: 
Wie wäre das Heil zu entbehren 
Und schmerzlich die Freude zu mehren? 
Arm bist du, Jungfrau Marie. 
Du kannst dich nicht mehr verhüllen. 
So sichtbar warst du noch nie. 
In dir soll der Trost sich erfüllen. 
Man kann nicht die Armen entfernen, 
Du wirst sie mit Demut besternen. 
Theodor Däubler 
Es ist vorüber . . . 
Das wilde Wetter meiner Seele hat sich verzogen. 
Heiter wird es und rein. 
Nur hie und da ein leichter Wolkenschleier. 
Weshalb also musste Paula verstummt in steter Angst sein? 
Ja, sie musste! 
Denn stummes Leid ist die Religion liebevollster Seelen. 
Und ich, musste ich nicht „gewittern“, als ich die süsse 
Anni Mewes in Nikolaus Gogols zartem Lustspiel spielen 
sah ?! 
Es ist vorüber. 
Das wilde Wetter meiner armen Seele hat sich verzogen. 
Weshalb also musste Paula in stummer Angst so lange 
sein? 
Ja, sie musste! Und ich, ich musste auch! 
Peter Altenberg
	        
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