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lächerlich und wie dumm. Das machte ihn unversehens heiter
und sein Gehen geriet in selbstgefälliges Schlendern, das ihn
aber sofort, als er es wahrnahm, missmutig stimmte. Er stiess
den Atem gequält hinaus und riss die Brauen nach oben:
„Ach". . .
Nun wurde er zornig, ohne es begreifen zu können, und es
deshalb noch mehr. Er rieb die Zähne aufeinander, dass sie
knarrten,' und begann fast zu laufen. O, nur nichts denken,
nichts fühlen, gar nichts ... so ... so ... so . . . Schliesslich
sang er leise im Takt zu seinen Schritten den Kaiseradlermarsch.
So geht es am besten*.,fühlte er und als er es dachte, war ihm
alles so gleichgültig," dass er laut weiter-sang . . .
Wie stets, wenn er kein bestimmtes Ziel hatte, ging er
einen oft von ihm benützten Weg. So war er nach kurzer Zeit
vor dem Cafe.
Vor dem Eingang blieb er stehen und sah leer auf das
Strassengetriebe. Dann hingen sich seine Augen, gleichsam um
zur Ruhe zu kommen, an ein flinkes kleines Weib, bis es um
die Ecke war; dann an einen Mann, dessen übergrosse Füsse
von den Fersen aus auseinander strebten . . . Wie unbeholfen,
der muss albern sein. Irgend etwas an diesem Mann erinnerte
ihn an Frundner und so an das Gespräch von gestern mit ihm.
Und erst .-Jetzt ärgerte er sich' masslos über sich. Nebenher lief
die Ueberlegung, ob er nicht vorhin auf Albernheit geschlossen
hatte, weil ihm schon Frundner auf die Gedächtnisschwelle . . .
Er lächelte verzerrt. Der Umstand, dass er ja doch alles schon
während des Gesprächs ganz Tclar gewusst hatte, beruhigte ihn
und er beschloss, indem er sich aufrichtete, von nun an in
solchen. Fällen anders zu handeln, fester, selbstbewusster. Und
als wäre dieser Entschluss die Ursache, ging er rasch ins Cafe.
Doch schon zwischen den Flügeltüren des Eingangs be
schlich ihn eine dumpfe Resignation, das unsicher machende
wehmütige Gefühl, dass das alles ja doch nicht von ihm
abhänge.
Er begann, sich mühsam zwingend, einen politischen Leit
artikel zu lesen, fand mit nicht eingestandenem Erstaunen Inte
resse an ihm und las ihn zu Ende. Dann aber dachte er: aha,
so hilft sich die Schwäche . . . ach was! . . . und las alles
Folgende, Zfeile um Zeile.
„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“ ”
„Ja bitte." . Er legte unwillig die Zeitung weg, doch als er
Kanulf betrachtete, war es ihm, als bestünde etwas zwischen
ihnen, das der Klärung bedürfe. Et vermochte jedoch nicht, sich
darauf zu besinnen. Das Finstere, das dadurch in seine Züge
kam, deutete.Kanuli. als Ablehnung.-und., wurde unruhig und
bald erbittert. Zudem hatte dieser die Absicht gehabt, wegen ei