Volltext: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (8)

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dass er sich zu verlieren begann. „Aber in Berlin ist es zwei 
fellos am angenehmsten und auch am billigsten . . . Sagen Sie, 
kennen Sie Paris? . . .“ 
Ja.“ 
„So, Sie kennen Paris! .. .“ Ein völlig naives Staunen über 
rumpelte ihn. Mein Gott, was fällt mir denn nur ein, tobte er, 
wie ist denn das nur möglich, o ich Trottel, ich Trottel . . „Ge 
fällt Ihnen Paris?“ Das brachte ihn ausser sich. Es überschwemm 
te ihn uneindämmbar . . . Seine Finger begannen zu zittern. 
„Ja, Paris ist eine schöne Stadt. Allerdings für deutsche 
Begriffe schmutzig.“ Scharoll sass unbeweglich da und unnach 
sichtig. Er wusste, dass es herauskommen würde. Dennoch 
fühlte er die Besorgnis, es könnte anders werden. Um das aber 
zu verhindern, sagte er sich ganz langsam innerlich vor, werde 
ich anfangen, mehr zu sprechen . . . das reizt, ja. . . 
„Soooo . . .? Und die Menschen?“ Wenn jetzt doch irgend 
wer an den Tisch käme, flehte Kanulf verzweifelt. 
„Ja, die Pariserin ist ein reizvolles Geschöpf. Aber sie ist 
wasserscheu und hat häufig Ungeziefer. Ich meine selbstverständ 
lich nicht die mondäne Pariserin aus dem Faubourg St. Germain. .. 
Was ist denn? ... Ja, obwohl sie nicht so sauber aussieht wie 
ein deutsches Stubenmädchen. Ich meine die kleinen Ladenmam 
sells, Putzmacherinnen und Modelle, die Midinettes natürlich oben 
an. Aber diese Kleinen können sich das leisten. Sie brauchen 
nicht zu besorgen, ihren cheri dadurch zu verlieren, selbst wenn 
ihm diese Eigenschaften nicht durchaus Zusagen sollten. Denn 
die jungen Männer, die aus aller Welt nach Paris kommen und 
meist ohne mehr Geld als für die ersten beiden Wochen, stehen 
bald vis-ä-vis de rien. Und da in Paris die weibliche Konkur 
renz in den kleinen Berufen sehr gross ist und überall siegreich, 
müssen sie sich an die Konkurrenz anschliessen u. dieser Anschluss 
endet immer mit einer Liebschaft. Aber diese Mädchen setzen 
ihren Ehrgeiz darein, dass cheri nicht arbeitet. Sie stellen ihn 
höher als sich selbst. Sie sind nur glücklich, wenn sie während 
der Arbeit wissen, dass cheri jetzt über einer Erfindung grübelt, 
die sie beide mit einem Schlag reich machen wird, oder an einem 
grossen Werk schreibt, das ihn und auch sie berühmt machen 
wird, oder auch nur, dass er im Cafe Zigaretten raucht und den 
Midinettes die Köpfe verdreht. Nirgends wird . . .“ 
In diesem Augenblick klopfte Kanulf mit dem Finger vier 
mal auf die Tischplatte. Dann hob er den Kopf, leckte die Unter 
lippe und zog sie durch die Zähne. „Das ist ja doch alles nicht 
nötig.“ Seine Stimme war heiser und schwer. „Es war mir na 
türlich . . . natürlich schon an jenem Abend klar, dass Germaine 
von Ihnen beeinflusst wurde. Ich gab mir auch gar keine Mühe 
herauszubekommen, wo und wann sie mit Ihnen zusammen war.
	        
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