Volltext: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (8)

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gepflanzten Zwetschgenbäumchen, die Liebe einer sterbenden 
Mutter endlich nach lebenslanger Verzauberung aufstrahlend über 
des misshandelten Sohnes Zukunft und einer andren Mutter Um 
armung sich duckend in die banalen Worte: „Einen Gummiman 
tel hast du dir gekauft?“, und viel unvermittelte Angst und un 
begründeter Wagemut und Irrlichterei von Mädchen und Kletten 
da und dort und der verzerrte Spuk unnütz verwüsteter Boheme. 
Und die Vielen, die sich hinüberstahlen über die verdächtige 
Brücke und den Sündenzoll bezahlten mit der eignen Sehnsucht 
und sich aus Zugeständnissen nnd kleiner Selbstvergesslichkeit 
ein zureichendes Bett bereiteten, atmen, trinken, sitzen im Warmen; 
alle Revoluzzerei der Räuberbande mündet in die biedre Zähle- 
bigkeit des Skatklubs „Bargeld lacht“, und grade der verachtete 
Duckmäuser hat leibhaftig das gelobte Land ihres Anfangs ge 
schaut, und Winnetou rettete sich in einen „neuen, ruhigen Traum, 
der gar nie mehr enden wird“, wurde ein Mönch in brauner 
Kutte und „hatte ein stilles klares Gesicht und einen Pickel am 
Nasenflügel.“ 
Dem armen Oldshatterhand fehlte Freiheitsbewusstsein und 
stelbständige Sicherheit, um dem Moloch ins Auge zu trotzen. 
Was davon in ihm keimte, war unter der Fuchtel plumper Lehr 
gewalten jämmerlich eingegangen.' In seiner Leidensgeschichte 
stand, auf dreiviertel Weges, schon dies Gespräch: „ . . . Und 
doch hat vielleicht nur die Stadt den Herrn Mager zu so einem 
harten Lumpen gemacht, zu einer Strafmaschine. Er rächt sich 
dafür, dass ihm die Stadt und das Leben seine Seele verkrampft 
und verdunkelt haben, an seinen Schülern. . . Er selbst ist 
ganz unschuldig.“ 
„Glauben Sie?“ fragte Oldshatterhand tief betroffen. 
„Halt!“ brüllte da der Fremde entsetzt, „nein nein nein! 
Rächen Sie sich. Wehren Sie sich! Prügeln Sie! Mit dem 
Rohrstock ins Gesicht, bis er am Boden liegt!“ 
In der Erzählung „Die Ursache“ (wie der Roman vom Ver 
lag Georg Müller in München herausgebracht) wird das Exem 
pel statuiert, der Lehrer Mager am Leben gestraft. Der ihn 
straft, geht an diesem Exempel zugrunde. Noch einmal ergiesst 
sich die ganze Quelle der Erkenntnis in ein herrlich-schroffes 
Werk, das unser Aller Sache wider das „Geschick“ von Urgrund 
zu Urgrund ausficht. „In der Eisenbahn träumte er: ein gewal 
tiger Zug junger Menschen zieht gleich ihm nach den verhassten 
Heimatstädten, die Kindheit zu durchforschen nach dem Messer, 
das ihnen allen die Sehne der Kraft durchschnitten hat.“ Ein 
malig feststehender hat es noch keiner von uns allen zu gestalten 
vermocht! Natürlich triumphiert die Macht, weil sie ja weder 
Gewissen, noch Scham hat, und weil sie vor den Eingang zum 
sichselbstaufgebenden Eingeständnis eine Zinne stellte, die zwar
	        
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