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gepflanzten Zwetschgenbäumchen, die Liebe einer sterbenden
Mutter endlich nach lebenslanger Verzauberung aufstrahlend über
des misshandelten Sohnes Zukunft und einer andren Mutter Um
armung sich duckend in die banalen Worte: „Einen Gummiman
tel hast du dir gekauft?“, und viel unvermittelte Angst und un
begründeter Wagemut und Irrlichterei von Mädchen und Kletten
da und dort und der verzerrte Spuk unnütz verwüsteter Boheme.
Und die Vielen, die sich hinüberstahlen über die verdächtige
Brücke und den Sündenzoll bezahlten mit der eignen Sehnsucht
und sich aus Zugeständnissen nnd kleiner Selbstvergesslichkeit
ein zureichendes Bett bereiteten, atmen, trinken, sitzen im Warmen;
alle Revoluzzerei der Räuberbande mündet in die biedre Zähle-
bigkeit des Skatklubs „Bargeld lacht“, und grade der verachtete
Duckmäuser hat leibhaftig das gelobte Land ihres Anfangs ge
schaut, und Winnetou rettete sich in einen „neuen, ruhigen Traum,
der gar nie mehr enden wird“, wurde ein Mönch in brauner
Kutte und „hatte ein stilles klares Gesicht und einen Pickel am
Nasenflügel.“
Dem armen Oldshatterhand fehlte Freiheitsbewusstsein und
stelbständige Sicherheit, um dem Moloch ins Auge zu trotzen.
Was davon in ihm keimte, war unter der Fuchtel plumper Lehr
gewalten jämmerlich eingegangen.' In seiner Leidensgeschichte
stand, auf dreiviertel Weges, schon dies Gespräch: „ . . . Und
doch hat vielleicht nur die Stadt den Herrn Mager zu so einem
harten Lumpen gemacht, zu einer Strafmaschine. Er rächt sich
dafür, dass ihm die Stadt und das Leben seine Seele verkrampft
und verdunkelt haben, an seinen Schülern. . . Er selbst ist
ganz unschuldig.“
„Glauben Sie?“ fragte Oldshatterhand tief betroffen.
„Halt!“ brüllte da der Fremde entsetzt, „nein nein nein!
Rächen Sie sich. Wehren Sie sich! Prügeln Sie! Mit dem
Rohrstock ins Gesicht, bis er am Boden liegt!“
In der Erzählung „Die Ursache“ (wie der Roman vom Ver
lag Georg Müller in München herausgebracht) wird das Exem
pel statuiert, der Lehrer Mager am Leben gestraft. Der ihn
straft, geht an diesem Exempel zugrunde. Noch einmal ergiesst
sich die ganze Quelle der Erkenntnis in ein herrlich-schroffes
Werk, das unser Aller Sache wider das „Geschick“ von Urgrund
zu Urgrund ausficht. „In der Eisenbahn träumte er: ein gewal
tiger Zug junger Menschen zieht gleich ihm nach den verhassten
Heimatstädten, die Kindheit zu durchforschen nach dem Messer,
das ihnen allen die Sehne der Kraft durchschnitten hat.“ Ein
malig feststehender hat es noch keiner von uns allen zu gestalten
vermocht! Natürlich triumphiert die Macht, weil sie ja weder
Gewissen, noch Scham hat, und weil sie vor den Eingang zum
sichselbstaufgebenden Eingeständnis eine Zinne stellte, die zwar