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Schuster zu sein, muß man ein Meisterstück ab legen;
um König zu sein, kann man Stümper bleiben.
Die widersinnigen Folgen des Erstgeburtsrechts
auf den Thron müssen sich unter solchen Umständen
gleichmäßig im Reiche, in den Königreichen, in den
Großherzogtümern, in den Herzogtümern und Fürsten
tümern äußern. Ueberall hängt das Wohl und Wehe
der Reichs- und Staatsbürger von dem Zufall ab, ob
der Erstgeborene der rechte Mann am rechten Platze
ist. Wären die deutschen Bundesstaaten und das
Deutsche Reich Republiken, so würde aus Tausenden
der rechte Mann für den rechten Platz ausgewählt.
Da sie Monarchien sind, wird der Mann für den Platz
gehören. An die Stelle des Wahlzettels tritt der Ge
burtszettel, an die Stelle des Wahlaktes der Zeugungs
akt.
So erfreuen wir uns in Deutschland eines wahren
„embiarras de richesse“ an geborenen Thronerben,
von Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen des
Deutschen Reiches und Preußens angefangen bis herab
zum kleinsten Duodezprinzen Lippe-Detm oldscher oder
Reuß-Sohleiz-Lobensteinscher Herkunft. Ein Reichtum
an „Erstgeborenen“, der um so auffallender ist, als
die Monarchie mit Erstgeburtsrecht — wenn man
genauer hinsieht — eine durchaus undeutsche Ein
richtung ist. Die deutschen Kaiser gingen aus der
Wahl der Kurfürsten hervor. Bei den Germanen des
Tacitus finden wir nichts von einem Erbrecht der
Führer und Herzoge. Erst mit der wachsenden Macht
der territorialen Herren gelang es diesen, das Erb
recht der Erstgeborenen auf den deutschen Fürsten
thronen zu stab liieren, den Begriff des Thronerben zu
schaffen.
Diese Entwicklung war ganz vernünftig und
logisch, so lange! eine strenge Unterscheidung zwischen
Landesvermögen und Fürstenvermögen nicht bestand,
so lange das Land als Eigentum older wenigstens als
Obereigentum des Fürsten galt und die Landesein
nahmen mit den fürstlichen Einkünften vermischt
waren.