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sprochen worden. Das Wort „Junker“ ist international
geworden; es wird von allen Gebildeten beider Welt
teile ohne Uebersetzung in die Landessprachen ver
standen, ähnlich wie die Worte „Kaiser“ older „Kron
prinz“. Nicht nur im Empfinden der neutralen und
der zurzeit mit Deutschland im Kriege befindlichen
Länider, sondern namentlich auch im Empfinden des
deutschen Volkes selbst, lebt instinktiv die Idee, daß
die Junker zu den Ursachen dieses Weltkrieges in
mehr oder weniger direkten Beziehungen stehen und
für seinen Ausbruch verantwortlich sind.
Inwieweit ist dieses allgemeine Volksempfinden be
rechtigt 1 ? In welchem Verhältnis stehen die preußi
schen Junker zum Staate Preußen und wie erklärt
sich, ganz allgemein gefragt, die tiefe Abneigung, die
man den Junkern in der ganzen Welt entgegenbringt 1 ?
Vielleicht ist es nicht ohne Interesse, in der gegen
wärtigen Zeit nach zuverlässigen Antworten auf solche
und ähnliche Fragen zu suchen.
Jeder Staat hat eine Periode durchlebt, in der ein
ausgesprochener Gegensatz zwischen dem Königtum
und jener Klasse von Herrenmenschen bestand, aus
der das Königtum hervorgegangen war. Theoretisch
hatte das mittelalterliche Königtum den Zweck der
Förderung des Volkswohls unter Hintansetzung der In
teressen der Adelskaste. Jeanne d’Arc zum Beispiel
kämpfte nicht nur gegen die englische Eroberung und
Bedrückung, sondern namentlich auch gegen die auf
sässigen Vaslallen des Königs von Frankreich, denn
der König erschien ihr als die einzig mögliche Bet
tung aus dem Elend der Kleinkriege und der Volks
bedrückung durch Adel und Geistlichkeit.
Dieser Kampf des mittelalterlichen Königtums
gegen den Feudalismus war in Frankreich und Eng
land mit Volkserhebungen beendet worden, die die
Vorrechte des Adels beschnitten und die Staatsform
mehr oder weniger demokratisiert hatten. Damit war
in jenen Staaten die „Junkerfrage“ gelöst.
Nicht so in Preußen. Unter dem ersten Preußen
könig Friedrich I. waren die adeligen Rittergutsbesitzer
östlich der Elbe zwar schon ebenso botmäßig geworden