Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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fektursysteans auf. Zunächst rief er eine „Gendar 
merie“ ins Lehen, 'beseitigte die bisher von den Ritter 
gutsbesitzern bestallten Landräte und Kreistage und 
ernannte an ihrer Stelle sogenannte Kreisdirektoren, 
die mit Hilfe der Gendarmerie die Polizei ausüben 
und denen der Dorfschulze wie auch der Gutsherr 
gleichmäßig untergeordnet sein sollten. 
Aber selbst in dieser Zeit der schwersten vaterlän 
dischen Not konnten sich die Junker zu keiner Schmä 
lerung ihrer gottgegebenen Vorrechte verstehen. Das 
sogenannte Gendarmerieedikt war eine Antastung der 
junkerlichen Patrimunial obrigkeit und wurde von 
ihnen leidenschaftlich bekämpft. Zuletzt blieb von 
dieser Reform nur die Gendarmerie selbst übrig. 
Nach den Befreiungskriegen. 
Die preußischen Siege von 1813 hatten zur Folge, 
daß die Sonne fortan jeden Tag freundlicher auf die 
ostelbischen Gefilde herunterschien. Preußens „deut 
scher Beruf“ war von der Metternichschen Diplomatie 
nicht anerkannt worden. Zwar hatte der Staatskanzler 
Hardenberg am 22. Mai 1815 jene berühmte „Verord 
nung über die zu bildende Repräsentation des Volkes“ 
erlassen, die Preußen endlich in die Reihe moderner 
Staatswesen emporheben sollte. Aber das ostelbische 
Junkertum hatte die große Sturm- und Drangperiode 
mit einer so geringfügigen Machteinbuße überwunden, 
daß es jetzt, wo kein äußerer Feind mehr zu bekämpfen 
war, sich ganz wieder als Herr der Situation fühlte. 
Jene Verordnung blieb um so mehr toter Buchstabe, 
als ja auch der König Friedrich Wilhelm III. von 
anderen Königen anderer Zeiten keine Ausnahme 
machte, das heißt rein instinktiv gegen jede liberale 
Reform war. 
Zunächst wurde die bauernbefreiende Agrargesetz 
gebung Steins durch die Deklaration vom 29. Mai 1816 
verstümmelt. Diese führte jene landwirtschaftliche 
Zwangsarbeit (wenigstens für die Kleinbauern) wieder 
ein, ohne die das Junkertum nun einmal nicht wirt 
schaften konnte.
	        
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