Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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Berufung 1 erklärte von Roon iiunidweg, daß er „von 
der ganzen konstitutionellen Wirtschaft nie etwas 
gehalten habe.“ Fortan wird von Roon der einfluß 
reichste Mann am Hofe unld ein ausgesprochener Be 
günstiger der Junkerinteressen. 
Manteuffel und Roon, das heißt Militärkabinett 
und Kriegsministerium, setzen sich, wo immer sie 
können, in Widerspruch mit ihren liberal angehauchten 
Ministerkollegen unld mit den Kammern; bei der Be 
setzung der Offiziersstellen begünstigen sie das Junker 
tum in so ungerechter, herausfordernder Weise, daß 
selbst in konservativen Kreisen die Meinung aus 
gesprochen wurde, 'die ganze Heeresreform sei wahr 
scheinlich eine „Versorgungsanstalt für die Junker“. 
Durchaus charakteristisch für die wahre Gesinnung 
der Herren aus Ostelbien ist folgendes: Die Junker 
schäumten vor Wut auf, als die damalige liberale 
Mehrheit des Abgeordnetenhauses nicht alle Heeres 
forderungen glatt bewilligte. Zu gleicher Zeit aber 
verweigerten die Junker des Herrenhauses die Geld 
mittel für diese Heeresreform. Und warum 1 ? Weil 
diese Geldmittel durch die endliche Schaffung jener 
„Grundsteuer“ herbeigeschafft werden sollten, von der 
die Junker nie etwas wissen wollten; denn noch immer 
waren die Rittergüter grundsteuerfrei. Dem König so 
viele Soldaten als ihr wollt, aber . . . mit dem Geld 
der andern! Das war (unld ist noch heut) der Patrio 
tismus derer, die Preußen regieren. 
Die „neue Aera“ war glücklich besiegt unld Roon 
erreichte endlich die Berufung eines Mannes, der seit 
langem sein engster Freund war und einen so un 
geahnten Einfluß nicht nur auf die Geschichte Preu 
ßens und Deutschlands, sondern überhaupt ganz Euro 
pas ausüben sollte: Otto von Bismarck. 
Bismarck war schon von Friedrich Wilhelm IV. 
als Minister für das Kabinett Brandenburg vorge 
schlagen worden: der König soll damals diese Beru 
fung mit der Bemerkung abgelehnt haben: „Roter 
Reaktionär, riecht nach Blut; später zu gebrauchen.“ 
Diese Konstellation: Eine große liberale Oppo 
sitionspartei im Abgeordnetenhaus, mächtige, den
	        
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