Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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siedelt haben, zum Unterschied von den Ostslawen, 
die den russischen, sowie den Westslawen, die den 
tschechoslowakischen und den polnischen Staat ge 
schaffen haben. Im Laufe der Völkerwanderung sind 
die Slawen vom Triglav bis zum Westufer des Schwar 
zen Meeres in den Bereich der byzantinischen Staats 
hoheit gekommen. Hier haben die kriegerischen Orga 
nisationen der Slowenen, Kroaten und Serben regionale 
und Stammesstaaten verschiedener Dynastien geschaf 
fen. In der ganzen Vergangenheit hat niemals ein 
kriegerischer Zusammenstoß zwischen Kroaten, Serben 
und Slowenen stattgefunden. Ein Schlag für die Süd 
slawen war aber das Erscheinen der Bulgaren, eines 
militärisch organisierten Tartarenstammes, der sich 
den Slawen zwischen Donau und Balkangebirge assi 
milierte, ihnen dafür aber seinen tartarischen Namen 
aufdrückte. Diese so entstandene Mischung war ver 
hängnisvoll: einerseits war sie der Sprache nach (ge 
wisse Eigentümlichkeiten abgerechnet) slawisch, ander 
seits aber hatte sie für slawische Zusammengehörig 
keit gar keinen Sinn. So kam es, daß die Kroaten in 
der Blütezeit ihres Stammesstaates, im zehnten Jahr 
hundert, mit den Bulgaren Krieg führten, um ser 
bische Fürsten (Großzupane) von dem bulgarischen 
Zaren Simeon zu befreien. In diesem Kriege wurden 
die Bulgaren aufs Haupt geschlagen, worauf der 
Kroatenfürst Tomislav sich zum König krönen ließ. 
Durch das Emporsteigen der südslawischen Staaten 
war die dieselben unterdrückende byzantinische Staats 
hoheit nach und nach zerstört worden. Doch kaum 
war dies geglückt, gerieten die Siidslawen nachein 
ander in die Gewalt der Türken. Daraus entstand ein 
jahrhundertelanger Kampf auf Leben und Tod, in 
dessen Laufe das serbokroatische und slowenische 
Volk die türkische Staatshoheit langsam aber sicher 
unterwühlte und endlich von seinem nationalen Boden 
hinwegschleuderte. Doch die ersehnte Freiheit kam 
noch immer nicht: Slowenen und Serbokroaten waren 
in die unterdrückende Herrschaft Oesterreichs gelangt, 
mit Ausnahme jenes Teiles des Volkes, der in Serbien 
und Montenegro unabhängige Staaten schuf.
	        
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