Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

201 
DIE Z IMMER WÄLDLER 
(zum Verständnis des Falles Grimm) 
von Arnold Wieser. 
(Nummer 24, 4. Juli 1917.) 
Es war im Jahre 1915. Im Deutschen Reiche war 
unter der sozialistisch orientierten Arbeiterschaft die 
begeisterte Zustimmung zum Reich und dessen Leitung 
nicht mehr aufrechtzuerhalten. Immer größere Teile 
der sozialistischen Arbeiter und Intelligenzler be 
gannen allmählich einzusehen, daß ein deutscher Sieg 
die Zerstörung der Demokratie bedeutet und daß sich 
das deutsche Volk für eine volksfeindliche Kaste 
schlägt. Bei allen aber war eine gewisse Bewußtseins 
schwelle noch zu überschreiten, nämlich über die 
Schuld am Weltkriege noch ein wenig nachzudenken. 
Denn was nützt alles Mißtrauen unld der Haß gegen 
die Fortführung des Krieges, wenn die Schuldfrage 
nicht aufgerollt ist, — also eine Quelle für den mora 
lischen Elan besteht, aus der heraus die Kraft zur 
Revolte kommt. So lange das deutsche Volk nicht voll 
kömmen überzeugt ist, daß Deutschland den Krieg 
entzündete, kann es murren und wüten, kann hassen 
und leiden, hat aber niemals sittliche Kraft zur Re 
volution. 
In dieser drohenden Gefahr für die jetzige deutsche 
Reichsleitung kam ihr plötzlich Hilfe und zwar aus 
der Schweiz. In der schweizerischen sozialistischen 
Bewegung bestehen zwei Milieux, die miteinander nur 
organisatorische Gemeinschaft haben: Das einhei 
mische, praktisch arbeitende Schweizer Milieu, zwei 
tens das vorwiegend theoretisierende Milieu, das einen 
durch und durch unschweizerischen öharakter hat, 
obwohl leider alle Führer der schweizerischen Ar 
beiterbewegung von letzterem ihre geistigen Anregun 
gen empfangen. Wir wollen nicht etwa behaupten, 
daß das erwähnte, von uns als nüchtern und anti 
theoretisch gekennzeichnete Schweizer Milieu ein 
steriler Sumpf sei. Im Gegenteil! Die Unmenge poli 
tischer Kleinarbeit in allen möglichen Organen der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.