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Für eine durchaus friedliebende Nation ist die
Aufgabe, die wir uns gestellt haben, riesengroß. Sie
veillangt nicht nur Geduld, sondern setzt den Willen
voraus, selbst aus den unvermeidlichen Fehlern
Lehren zu ziehen. Wir werden sicher noch ein Jahr
brauchen, bevor die dritte Million Soldaten aus-
geSbiMet und der zu ihrer Beförderung nötige Schiffs
raum fertiggestellt sein wird. Die weiteren drei Mil
lionen Mann werden weit schneller zur Verfügung
stehen. Amerika bereitet sich für einen Krieg von un
begrenzter Dauer vor.
Die Reisenden, die zu Studienzwecken nach
Amerika fahren, beschränken sich auf die Eindrücke,
die sie aus Neuyork, Washington, manchmal von den
Niagarafallen und von Newport zurückbringen. Wir
selbst, wir amerikanischen Radikalen, die wir die
schärfsten Kritiker unseres Landes gewesen sind,
haben oft dazu beigetragen, im Auslande die Ansicht
zu verbreiten, daß Amerika von einer Handvoll
schwerer Millionäre regiert werde. Wer Mißstände
im eigenen Lande bekämpft, hebt im politischen
Kampfe eben nur diese Mißstände besonders hervor.
Das Ausland begnügt sich damit, die kritisierten
Mißstände als allgemeine Erscheinung hinzustellen,
ohne sich der Mühe zu unterziehen, den wahren Tat
bestand zu untersuchen. Die Wahrheit ist, daß Ame
rika vom Mittelstände regiert wird, der sich aus den
kleinen Gutsbesitzern zusammensetzt. Im Jahre 1910
lebten siebzig Prozent unserer Bevölkerung auf Far
men, in Dörfern und in Städtchen, deren Einwohner
zahl die Zehntausend nicht übersteigt. Unsere Fiarmer-
k lasse allein zählt sieben Millionen Familien. Es sind
dies die Nachkommen der amerikanischen Pioniere.
Sie bildet heute noch die Grundlage unserer sozialen
Struktur und beherrscht das soziale und politische
Denken unserer Nation.
Diese Volksschicht hat sich auf der puritanischen
Auswanderung von England, Irland und Schottland
im 17. Jahrhundert aufgebaut. In ihrem Wesen, teil
weise auch in ihrem Aeußeren, hat sie sich tiefgehend
verändert. Ein Kampf von drei Jahrhunderten mit