nellen Verbrechen finden. Das militärische Verbrechen
des Krieges muß ein steter Anreiz zum zivilen Ver
brechen sein.
Zu welchen juristischen Umsinnigkeiten die mili
tärische Reglementierung 1 des öffentlichen Staats
lebens führen kann, beweist folgender Fall. In Mün
chen wurde ein Jugendlicher, der an Demonstrationen
teilgenommen, vom Gericht verurteilt, und zwar
„wegen Sachbeschädigung, Widerstand und groben
Unfug zu drei Wochen Haft“ — wegen Uebertretung
des Generalkommando-Erlasses zium Schutz der Jugend,
zu drei Wochen Gefängnis. Dieser vermeintliche
Schutz erweist sich als der beste Schrittmacher des
sittlichen Bankerott«. Angesichts derartiger Tollheiten
berührt der im bayrischen Landtag’ von fortschritt
licher Seite eingebrachte Antrag:
„Die k. Staatsregierung sei zu ersuchen, recht
zeitig Maßnahmen zu treffen, daß die innerhalb des
Königreichs auf Grund des Kriegszustandes getrof
fenen Anordnungen betreffend „Schutz der Jugend“
mit Aufhebung des Kriegszustandes ihre wohltätige
Wirkung nicht verlieren“
äußerst seltsam, aber zu was sind die Fortschrittler,
wenn es auf die „wohltätige Wirkung“ ankommt,
nicht fähig? Herr Oberstudienrat Kerschensteiner *)
billigt vielleicht sogar den Erlaß des Leipziger Gene
ralkommandos, in welchem es heißt, daß den Jugend
lichen im Kino „die Plätze nach Geschlechtern ge
trennt angewiesen werden“. Dieser Erlaß erscheint
mir als das deutlichste Merkmal des öhaos aller
Moralbegriffe, und ich glaube nicht, daß die Tatsache,
daß ein kommandierender General diese „Ersatz
moral“ vertritt, als mildernder Umstand wesentlich
ins Gewicht fällt.
Der Krieg, die Orgie der Verwüstung, hat die
Fundamente der sittlichen Welt- und Lebensamschau-
ung im Volk vernichtet, und selbst die eifrige Advo
katenschaft der Feldprediger daheim und draußen
*) Der Münchner Oberstudienrat Kerschensteiner galt als
Pädagoge und Schulreformer von liberaler Gesinnung.
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