Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

285 
beziehungen erhalten bleiben soll, das hängt übrigens 
gar nicht allein von unserem deutschen Wollen oder 
Nichtwollen ab. Frankreich weiß, daß es einen zweiten 
solchen Krieg nicht mehr riskieren kann. England 
will die allgemeine Wehrpflicht wieder abschaffen. 
Rußland braucht ein beruhigtes Europa, um seine 
Innenprobleme zu lösen. Amerika glaubt der japani 
schen Bedrohung nur durch einen solchen allgemeinen 
Friedensbund Herr werden zu können. Aus allen 
diesen Motiven heraus sind unsere Gegner unerschüt 
terlich entschlossen, den Krieg nicht zu beenden, ehe 
nicht eine internationale Ordnung sichergestellt ist, 
in der ein neuer Weltkrieg unmöglich ist. Entweder 
soll diese Ordnung mit Deutschland oder ohne und 
gegen Deutschland aufgebaut werden. Isolieren wir 
uns wieder, so wird es dann dem preußischen Kriegs- 
ministerium überlassen bleiben, den Plan eines Wett 
rüstens von Deutschland mit der ganzen Welt finanz- 
und militärtechnisch auszuarbeiten und solchen Wahn 
sinn dem deutschen Volke plausibel zu machen. Eine 
Weiterführung des Wettrüstens verbietet sich doch 
übrigens auch schon deshalb, weil keine der ver 
schiedenen Volkswirtschaften sich wieder erholen 
kann, wenn es nach dem Kriege nicht ganz zuver 
lässige Bürgschaften für stabile Weltverhältnisse gibt, 
die dem Unternehmungsgeiste berechenbare Perspek 
tiven bieten. Kurz, es sprechen die allerstärksten 
Gründe dafür, daß sich unsere annexionistisehen Phan 
tasten endlich in Schweigen hüllen — wenn sie nicht 
wollen, daß das deutsche Volk in eine Isolierung ge 
drängt werde, die nach dem Kriege geradezu kata 
strophale Folgen mit sich bringen könnte. Wir mit 
unserer seit Jahrzehnten ganz auf Export gestellten 
Bevölkerung können uns nach diesem Kriege nur er 
holen und unsere Riesenschulden zahlen, wenn unserer 
nationalen Arbeit der Weltmarkt wieder geöffnet 
wird — diese unsere Wiederverflechtung in die Welt 
wirtschaft kann durch keinerlei Terror erzwungen 
werden; vielmehr muß jede der sogenannten Garan 
tien, nach der unsere Annexionisten schreien, jedes 
Zur-Schau-Stellen von Gewaltmitteln nur eine ent-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.