Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

von Professoren, die alles recht finden, zurecht machen 
und beweisen, was von oben getan und gefordert wird: 
Nichts ist gesünder als wenig essen; man verbrauchte 
vor dem Krieg viel zu viel Fett; fast sind die andern 
zu bedauern, die noch die ungesunde alte Ration ver 
tilgen; noch 1915 hatten die Spargein fast gar keinen 
Nährwert, aber 1916, als es sonst nichts mehr gab, war 
er plötzlich enorm; nächstens aber erheben die deut 
schen Professoren noch die Wechselfälschung zu einer 
Religion, wie es in einer neueren deutschen Komödie 
vom Aestheten heißt, und da sollte man schließlich 
meinen, müßte auch die Reinigung Deutschlands von 
so unzuverlässigen Kantonen wie Elsaß oder Loth 
ringen geradezu als das Kriegsziel überhaupt zu be 
weisen sein. 
Nun aber, um zum Letzten, zum Moralischen einer 
Niederlage zu kommen: was kann uns gar hier noch 
verloren gehen? Wir sind wie schlechte Schüler, die 
tun können, was sie wollen, da sie sich dem Lehrer 
gegenüber doch zu nichts mehr verpflichtet fühlen. Wir 
haben unsern guten Namen längst dahingegeben, deutsch 
ist nicht nur eine Herkunft ■ unid noch weniger eine 
Würde, sondern ein Steckbrief geworden, allein schon 
um Belgiens und anderer Dinge.willen, die wir ja doch 
nicht behalten, außer als unabwaschbaren Schmutz 
fleck am vordem so makellosen Ehrensohild des deut 
schen Namens; dieses und die belgischen Verschik- 
kungen und der heilige Krieg gegen die Christenheit 
und alles, was mit dem Unterseekrieg zusammenhängt, 
kann durch keine Katastrophe mehr gesteigert wer 
den. So kehrt hier die Betrachtung des wirtschaft 
lichen Schladens und seiner Unüberbietbarkeit mora 
lisch parallel wieder: sehen wir lieber zu, ob die Nie 
derlage nicht eher die Wege zur Achtung und zur 
Moral, statt sie zu verschütten, eröffnet oder wenig 
stens bußfertig reparierbar macht. 
Derart also wird Problem, was hier der Nieder 
lage Nutzen sei. Doch Nutzen ist ein schwaches Wort! 
Es handelt sich nicht um den Nutzen, um ein Fazit, 
das der Spießbürger am Stammtisch greifen und 
addieren kann.
	        
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