Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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Weise untersucht, dient nicht nur der gegenwärtigen 
Generation, sondern auch der geschichtlichen Wahr 
heit, die um ihrer selbst willen erstrebenswert ist 
Gewisse Leute — die Gleichgültigen in allen Län 
dern — wollen heute von der Schuldfrage nichts mehr 
hören, weil sie meinen, die Sache sei doch nun einmal 
geschehen, es sei nichts mehr daran zu ändern, es sei 
darum besser, die Vergangenheit Vergangenheit sein 
zu lassen und nur an die Zukunft zu denken: sie legen 
fatalistisch die Hände in den Schoß und warten ge 
duldig auf bessere Zeiten. Diese Kismetanbeter, die in 
ungestörter Gemütsruhe — mit untergeschlagenen 
Beinen — dem Weltbrand zusehauen und sich behag 
lich ihr Pfeifchen daran anzünden, kann ich ruhig sich 
selbst überlassen. 
Ein gigantisches Verbrechen ist begangen wor 
den. Die Indifferenten rufen: Was geht uns die be 
gangene Tat an? Die ist nicht mehr rückgängig zu 
machen, schützen wir uns davor, daß neue ähnliche 
Taten begangen werden. 
Eine verheerende Krankheit ist ausgebrochen. Die 
Indifferenten rufen: Weshalb der Krankheit mit Heil 
mitteln zu Leibe gehen? Die ist nun einmal da. 
Schützen wir uns vor dem Ausbruch neuer ähnlicher 
Krankheiten. 
Eine Kesselexplosion, ein Schiffsuntergang, ein 
Eisenbahnunglück hat stattgefunden. Die Indifferenten, 
rufen: Wozu den Schuldigen ermitteln? Sorgen wir 
nur dafür, daß künftig keine Kessel explodieren, keine 
Schiffe untergehen, keine Eisenbahnzüge Zusammen 
stößen. 
Genau so töricht, wie diese Indifferenten, argu 
mentieren die Leute, die heute der Untersuchung der 
Urheberschaft an diesem Kriege aus dem Wege gehen 
und nur an die Verhütung künftiger Kriege denken. 
Ihnen erwidere ich: Ihr werdet künftige Kriege nur 
dann verhüten können, wenn ihr zunächst den Schul 
digen an diesem Kriege festgestellt habt. Der Schutz 
der Zukunft ist überall nur möglich aus der Erkennt 
nis der Vergangenheit heraus. Erst stellt fest: Wer 
ist der Verbrecher gewesen? und dann beratet, wie
	        
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