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Dieses ganze Ideengebaüde ist auf dem Fundament
des feindlichen Ueb erfüll es kn Sommer 1914 errichtet.
Es ist auch in sich brüchig, da, selbst angenommen,
die Prämissen laid 1 und 2 wären richtig, immer noch
die Schlußfolgerung ad 3, daß nur durch Machtver
größerung Deutschlands ähnliche Ereignisse in Zu
kunft zu verhüten wären, anfechtbar ist. Hinfällig
aber wird die ganze Kriegszielkonstruktion, wenn die
grundlegende Prämisse, der feindliche Ueberfall, be
seitigt wird. Mit der Beseitigung des Ueberfalles wird
der Sicherungstheorie der Böden unter den Füßen
weggezogen, werden alle Eroberungs- und Macht
erweiterungspläne als das enthüllt, was sie in Wirk
lichkeit sind: als nackte imperialistische Expansion,
wird der Verteidigungs- und Sicherungskrieg als An
griffs- und Machterweiterungskrieg entlarvt. Indem
wir feststellen, daß Deutschland nicht überfallen wor
den ist, sondern seinerseits überfallen hat, bringen
wir iden Nachweis, daß seine annexionistischen Kriegs
ziele nicht der Sicherung gegen Ueberfälle, sondern
lediglich dör Erweiterung seiner Macht dienen; wir
entkleiden die deutschen Kriegsziele, die heute offen
kundig vor aller Welt dallegen, ihres angeblichen
Sicherungscharakters und enthüllen sie als das, was
sie sind, als Eroberungsziele. Wir gewinnen also —
durch die Schuldiuntersuohung in Verbindung mit den
Kriegszielen —, ein weiteres schwerwiegendes Be
lastungsmoment zur Ueberführung Deutschlands als
bewußten Urhebers des Weltkrieges. So lange die
deutsche Regierung noch einen Brocken von angeb
lichem Beweismaterial übrig behält, den sie zur Auf
rechterhaltung- der Verteidigungslüge verwenden
kann, so lange ist sie auch noch in der Hage, ihre ver
werflichen Eroberungsideen als legitime Zukunfts
sicherung auszugeben. Deshalb ist es notwendig, ihr
in alle Schlupfwinkel ihrer Selbstverteidigung zu fol
gen, ihr auch den letzten Papierfetzen zu entreißen,
den sie als Entschuldigungszettel für diesen Krieg unid
für Deutschlands Kriegsziele dem Weltgericht vor
zeigen könnte.