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eine Faust in der Tasche ballt. Mir scheint oft, die
Deutschen machen sich noch gar nicht recht klar, was
es für sie bedeuten würde, von allen übrigen zivili
sierten Völkern boykottiert zu sein. Ich begreife, daß
die in Deutschland erscheinenden Zeitungen idem Volke
auch nicht sagen dürfen, worin seine Regierung vor
diesem Kriege und während des Krieges so schwer
gesündigt hat. Aber die deutschen Blätter der Schweiz,
wenn sie es gut meinen mit der Zukunft des deutschen
Volkes, sollten aufklärend wirken, besonders indem sie
wirkliche Geschichte schreiben. Je weniger man in
Deutschland darauf besteht, seine eigene Regierung
zu entschuldigen, desto eher wird es für uns Belgier
und für unsere mächtigeren Verbündeten möglich sein,
dem deutschen Volk zu verzeihen. Ich habe lange
genug in Deutschland gelebt, um zu wissen, daß diese
wissenschaftlich so begabte Nation politisch noch sehr
geknechtet ist. Alle Nichtdeutschen wissen und sehen
dies. Nur der Deutsche selbst lebt beständig in seiner
staatlichen Kinderstube, in steter Furcht vor der
Zuchtrute seiner Vormünder. Das Kapitel „Belgien“
in der Geschichte des 20. Jahrhunderts wird, hoffe ich,
auch das deutsche Volk belehren, daß sogar eine kleine
Nation die Freiheit über alles liebt.
DIE ERWÜRGUNG LUXEMBURGS
von. einem Luxemburger.
(Nummer 58. 31. Oktober 1917).
Von den drei ständig möglichen Neutralitätsverletzungen
ist diejenige Luxemburgs die schwerste und am wenigsten
zu rechtfertigen. Das Deutsche Reich, nachdem es sich
verpflichtet, Luxemburg zu verteidigen, hat dies Versprechen
nicht gehalten ... Der politische Fehler ist nicht zu leugnen,
und das moralische Vergehen noch minder, denn jederzeit
bezeichnete das elementarste Menschlichkeitsgefühl als eine
feige und verräterische Tat den Angriff des Starken, un-
herausgefordert, auf den Schwachen, Unbewaffneten, und
den zu verteidigen er versprochen hatte.“
(Oberst Feyler im „Journal de Gfeneve“, 27.1. 1915.)
Am Nachmittag des 1. August 1914 beging Deutsch
land sein erstes Verbrechen im westlichen Europa.