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Die unerhörteste Lüge aber enthält die Proklama
tion des Generals Tülfif von Tschefe und Waidenbach
an idas luxemburgische Volk: „Der Feind hat Deutsch
land das Schwert in die Faust gezwungen. Nachdem
Frankreich, die Neutralität Luxemburgs nicht ach
tend, die Feindseligkeiten — wie zweifelsfrei fest
gestellt — vom luxemburgischen Boden aus gegen die
deutschen Truppen eröffnete, haben Seine Majestät
unter dem bitteren Zwange eiserner Notwendigkeit den
Befehl erteilt, daß auch deutsche Truppen in Luxem
burg einrücken.“
Der Mann, der diese entsetzliche Lüge erfand und
Ende Juli 1911 in Koblenz drucken ließ, ist heute Gene
ralgouverneur in Rumänien!
Im selben Momente, wo Bethmann-Hollweg vor
dem Reichstage das, Wort sprach: „Not kennt kein Ge
bot! Wir waren gezwungen, uns über den berechtigten
Protest der luxemburgischen Regierung hinwegzu
setzen“, — dm selben Momente, am 4. August 1914, sagte
der Staatsminister Eyschen in Gegenwart des angrei
fenden Deutschlands vor der luxemburgischen Kam
mer der Abgeordneten: „Die Tatsachen, auf die die
Okkupation sich stützt, und von denen die von einem
General Unterzeichnete Proklamation redet, sind falsch!
Ich stelle es fest vor dem Lande und vor Europa . . .
Frankreich hätte die Neutralität Luxemburgs verletzt,
von unserm Boden aus die Feindseligkeiten eröffnet;
bei uns hat niemand weder etwas davon gesehen, noch
gehört! . . .“
Das ist die Geschichte der Neutralitätsverletzung
Luxemburgs. Was erst „ein Irrtum“ gewesen, dann
„zum größten Bedauern genommene Maßnahmen“, „zur
Sicherung der Eisenbahnen“ eines neutralen Staates,
ist für düs unglückliche Ländchen eine Quölle unsäg
lichen Elends geworden. Bitterer Mangel an Nahrungs
mitteln und allen zum Leben nötigen Dingen herrscht
in Luxemburg. Die achten, elften, dreizehnten, drei
undzwanzigsten und andere Armeekorps haben auf
ihrem Durchmarsch und während ihres Aufenthaltes
im Großherzogtum auf Kosten des kleinen Lahdes ge
lebt, und anstatt einer Wiedergabe der entwendeten