Volltext: Zeit-Echo (3(1917), 1. und 2. Juniheft)

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Sie haben wie Millionen begriffen, daß die Idee der Freiheit schön 
ist, — Freiheit, das ist Menschenwerdung des Geistes und Geistwerdung 
des Menschen, — und daß der Glaube an sie eine Macht ist. Wir erleben 
es also, daß Menschen eine ganz schöne Idee wollen und daß dieser Wille 
irdische Wirklichkeit wird, wie Gesetze, Kriegserklärungen und Todes 
urteile. Vor dieser Tatsache gibt es keinen geistigen Pessimismus mehr, 
der aus Unglauben nicht handelt, sondern nur Menschen, Kameraden, 
Mitmenschen und feige Schmarotzer, Unverantwortliche. Entweder die 
Idee zündet in den Maler-Menschen so, daß sie Kräfte, die den leben 
digen Geist führen, aus sich gebären, auf Kunst, Autorenschaft, Subtilität 
verzichten und Rang nach Kraft ihres Glaubens und ihres Willens ein 
nehmen, oder sie werden in der leidenschaftlichen Zeit die kommt, nichts 
sein. Wenn sie aus ihrem Glauben, Anschauungen, Erfahrungen, Moral 
nicht das Vertrauen schöpfen, das zu Handlungen führt, wird man sie 
verachten. — Die Erde ist keine Sache, sie auszunützen, sondern auf und 
in ihr das Gesetz von Hirn und Herz zu verwirklichen; dafür muß man 
als Maler, Mensch und Mitmensch kämpfen und dafür muß man, ohne 
Klausel, alles tun. 
Was tun wir aber dagegen, daß es zehn Schlachten am Isonzo gibt? 
— Überall und fortwährend Schlachten, Schlächter und Tode von rich 
tigen Menschen! Geht uns das gar nichts an? Wer behauptet, daß Still 
leben, Akte und irgendwie unterschriebene Bilder etwas dagegen tun? 
Überall anerkannte Kunst, während die armen Menschen erwarten müß 
ten, daß man klar ihrer Seele Mund wird (dem ja, nicht bevorzugt, die 
Worte und Bilder fehlen). Mund, der leidenschaftlich das schreit, was sie 
fühlen müssen. Die Maler flüchten vor der Banalität einfacher Forderung. 
Seht die Erde an, d. h. die Realität, ob ihr die banalsten eurer Forde 
rungen verwirklicht findet, ob das Geringste nach einem geistigen Glau 
ben und Entschluß schon getan ist. Ihr quält euch für Betrachtungen ab, 
aber tut für den Geist nicht so viel, daß er auf der Erde irgendwie be 
steht. Wenn man heute Sublimierung von sich werfen muß, so geschieht 
das doch nicht aus Leichtfertigkeit, die Schneidigkeit der Welt mit zeit 
gemäßem Gepäck mitmachen zu können, einer heroischen Linie folgend, 
sondern weil man im alten Trott weiter malend für eine Erde ohne 
geistige Nachkommen malt, für Leichen. 
Ist es möglich, das täglich zu denken und zu fühlen, wenn man es 
nicht etwa am eigenen Körper erlebt ? und doch weiter allerlei Akte, Still 
leben und Studien zu malen, die menschliche Leidenschaften nichts 
an-
	        
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