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fer zu sein. Dada ist die Tapferkeit in sich selbst,
Dada exponiert sich der Gefahr seines eigenen Todes.
Dada stellt sich in die Dinge hinein. Der Expressio
nismus wollte sich vergessen, Dada will sich behaup
ten. Der Expressionismus war harmonisch, mystisch,
engelisch, Baadrisch-Oberdadaistisch — Dada ist das
Geschrei der Bremsen und das Gebrüll der Makler
an der Chicagoer Produktenbörse. Vive Dada!
Die Kunst ist in ihrer Ausführung und Richtung
von der Zeit abhängig, in der sie lebt, und die Künst
ler sind Kreaturen ihrer Epoche. Die höchste Kunst
wird diejenige sein, die in ihren Bewußtseinsinhalten
die tausendfachen Probleme der Zeit präsentiert, der
man anmerkt, daß sie sich von den Explosionen der
letzten Woche werfen ließ, die ihre Glieder immer
wieder unter dem Stoß des letzten Tages zusammen
sucht. Die besten und unerhörtesten Künstler werden
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diejenigen sein, die stündlich die Fetzen ihres Leibes
aus dem Wirrsal der Lebenskatarakte zusammenrei
ßen, verbissen in den Intellekt der Zeit, blutend an
Händen und Herzen.
Hat der Expressionismus unsere Erwartungen
auf eine solche Kunst erfüllt, die eine Ballotage unserer
vitalsten Angelegenheiten ist?
*) erstes Dada-Manifest in deutscher Sprache; verfaßt
von Richard Huelsenbeck, vorgetragen auf der großen Ber
liner Dada-Soirée im April 1918.