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liebes Essen beschert. Mein Topf brodelte über, und ich umtänzelte
ihn wie einer, der die ganze Welt im Sack hat.
Oft saß ich auf einer Bank, ganz erstarrt vor Schmerz, und zählte
mir immer wieder meine verlorenen Jahre, die in Armut und Hunger
hinsiechenden Jahre auf. Ich nährte Wut in mir und Anarchismus. Ich
hatte den Blick für Meinesgleichen.
Ich erkannte euch gleich, Schicksalsbrüder! Obdachlose, verlassene
alte Frauen, Männer ohne Arbeit und Heim, unsidhern Schritts, blick*
losen Auges, so flehentlich dahinwankend. Ging ich nicht manchmal stun*
denlang hinter euch her und wurde nicht mein Unglück geringer dabei?!
Da war in frühen Tagen ein Winter in Paris zu bestehen. Tags*
über saß ich, ein Selbstporträt zeichnend, in meiner muffigen Kammer.
Am Abend schlich ich immer die sdirecklich lange Rue Clignancourt
hinauf, die vor Elend heult. In schmutzigen Buden briet man Pommes
frites, und der Satan versuchte mich jedesmal, meine letzten Zwei*
Sous*Stücke auszugeben.
In jener Zeit, in der der Sonnenschein mir immer ironisch vorkam,
die Wolken taub, die Bäume schauerlich und die Nächte ohne Brennen
— als ob Gott seine Hand von mir gewendet — hat nie ein liebe*
voller Mensch meine Hand gedrückt. Es gab nur Dürftige, oder Geizige,
oder Hochnäsige, oder brutale Narren. Ich sprach nur selten einen
Menschen, und wenn ich dann anhub zu reden, klang meine Stimme
wie zerscherbte Kannen. Ich war immer scheu, verlegen, glanzlos und
in Verworrenheit gehüllt.
Jetzt bin ich zäh, glatzköpfig, stirnzerbeult und wie ein verzückter
Mönch,
Es ist mitten im Winter. Eisfirmamente bedrohen wüste Häuser*
massen. Die Fugen der Nacht krachen lautlos. Ich durchtaumle das
Atelier und sehne mich nach der Geliebten. Ich lisple deinen Namen,
Einzige, Teure, Schenkerin. Du wirst nicht von mir gehen. Immer wirst
du meinen Namen rufen. Rufst du auch jetzt meinen Namen in die
Nacht hinaus, so wie ich rufe, besessen und weinend? ! !