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zwar ebenso präzis, aber natürlich beträchtlich weniger »einfach« als
die Newtonische.
Eine Skala, eine Skala des Grauen oder der Farbe, täuscht eine
Einsinnigkeit der Richtung und eine Gleichartigkeit ihrer Stufen vor,
die nur allzuleicht über den Gegensatz verblendet, der sie wirklich
beherrscht/ so wie ein falsch geführtes Kontokorrent den gegensätz*
liehen Unterschied zwischen Aktiven und Passiven gern v e r s ch w i m*
men lassen möchte, während es doch sogar noch den Nullstand der
Schulden deutlich zu erkennen geben sollte. Wenn ich die selbe Skala,
die selbe Farben* oder Zahlenreihe, in einem gänzlich entgegengesetzten
Verstände nehme/ das Minus nicht etwa bloß als ein minderes Plus,
sondern alsGegenplus: so kann nur ein fast an Betrug erinnernder
Irrtum sich immer noch derselben, einsinnig gerichteten Skala weiter*
bedienen. Diesen irrtümlichen Unterschleif nicht für ein Verbrechen
zu halten, wird immer schwerer, je länger die Goethesche Evidenz
gegen die Newtonische, nach der Analogie dieses Beispiels, spricht,
ja schreit. Zwei ist freilich weniger als vier/ wenn aber zwei mein
Vermögen bedeutet, vier dagegen meine Schulden, so steht die Rech*
nung nicht ganz so einfach. Violett ist »weniger« hell als Gelb— hier
verbirgt aber das »weniger« eine Zweideutigkeit, wenn Finsternis das
Minus an Licht nur im Sinne des Kontra=Plus ist, wie Goethe es sieht,-
während Newton sie nur simpel als das Manko an Licht, nicht
als dasGegen*Licht nimmt/ imGoetheschen Sinne wäre Violett
ein Gegen*Gelb, genau so »hell« wie dieses im . . . kontra*hellen
Verstände.
Was ist nun evident? Was täuscht? Evident, antworten wir, ist
beides,- aber die Evidenz Newtons täuscht, und die Goe*
thesche Evidenz besei tigt und berichtigt diese Täuschung.
Sobald man den Verkehr des Lichts mit der Finsternis so streng über*
wacht, daß das Bereich, worin Finsternis ins Licht dringt, von demjenigen
getrennt wird, worin umgekehrt Licht ins Finstre wirkt, erklärt
sich allererst die echte Evidenz, die sich sofort in die schlechte, die